Sibylle Keupen ist Aachens neue Oberbürgermeisterin. Und auch die erste Frau in dieser Position. Das bedeutet doppelten Einsatz und großes Engagement. Erwartungen sind da, Barrieren müssen beseitigt werden. Was die Zukunft bringt, ist schwer zu sagen. Aber im Gespräch mit dem Klenkes wurde eins klar: Frau Keupen brennt für Aachen und seine Bewohner, sieht Probleme und erkennt Potenzial. Und das Beste: Sie spricht es an.
Da sitzt sie, in ihrem neuen Büro, nimmt sich Zeit, schenkt Kaffee ein, lächelt. Obwohl der eine Termin gerade vorbei ist und der nächste schon im Vorzimmer wartet. Sie erzählt von Ideen und Projekten für die Zukunft,
Gesprächsrunden, die gerade stattfinden, Bürgergesprächen, die in Planung sind. Man merkt: Es gibt viel zu tun in und für Aachen. Beim Blick aus dem Fenster ihres Büros auf Katschhof und Dom wird sie aber deutlich: „Aachen ist mehr als Rathaus, Dom und Printen.“ Und das will sie nach außen transportieren.
Aachen macht Europa erlebbar
„Aachens Lage ist ganz hervorragend“, beginnt sie. „Nirgendwo ist Europa so erlebbar. Historisch, aber auch geografisch.“ Das Einkaufen, das Kulinarische, damit fängt es an und lässt sich auf viele Bereiche ausweiten. „Fährt man über die Grenze, ist es doch wie Urlaub im Alltag!“ Dennoch, Aachen müsste sich in der Region und in vielen Dingen neu positionieren. „Aachen ist eine dynamische Stadt mit vielen jungen Menschen. Die Zukunft will gestaltet werden. Wir brauchen innovative Kollektive, neue Netzwerke und ein junges Kulturleben. Ich sehe es als Aufgabe der Stadt, diesen Ansatz zu stärken.“
Der Traum ist, Aachen zu einer Modelstadt mit klarer politischer Botschaft und für ein starkes Europa zu machen. Sie setzt vor allem auf einen intensiven Dialog mit der RWTH: „Ich möchte von den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr hören: Ich bin in Aachen hängen geblieben, sondern: Ich will hier gar nicht weg.“
Dafür sind einige Schritte auf den Weg gebracht: Reallabore sollen den Bürgern zeigen, was gerade an der RWTH erforscht wird, welche Innovationen aus Aachen kommen. „An der RWTH wird an Autoreifen aus Löwenzahn geforscht und die ersten wurden schon hergestellt. Das ist bislang weitestgehend unbekannt in der Stadt.“ Solche Innovationen sollen am Kapuzinerkarree im „Öcher Lab“ – und der Autoreifen ist nur eines von zahllosen Beispielen – ausgestellt und erklärt werden. Hier wird Sibylle Keupen ab dem Frühjahr für Bürgerinnen und Bürger zum Gespräch bereitstehen. Auch die Kreativszene soll eingebunden werden: „Gerade nutzen wir leerstehende Ladenlokale in der Innenstadt, um Pop-Up-Stores in der Weihnachtszeit zu ermöglichen. Erleichtert wurde dies durch das bereits gestartete Projekt „AC Gold“ des City-Managements.
Flexibel und innovativ
Generell ist sich Keupen bewusst, dass nicht von jetzt auf gleich alle Probleme von Kohle bis Baustellen aus dem Weg geschafft werden können. „Ich finde es nicht richtig, auf eine starre perfekte Zielvorstellung zu setzten. „Veränderung ist ein Prozess, auf dessen Weg sich Dinge verändern können. „Man muss flexibel sein und sich den Bedürfnissen der Menschen, Projekten und Ideen anpassen.“ Dafür will sie den öffentlichen Raum nutzen, Gespräche organisieren, Akteure und Akteurinnen zusammenbringen und ein gemeinsames Bild der Innenstadt entwickeln. Natürlich ist Aachen auch mehr als nur die Innenstadt, die Bürgerschaft mehr als nur eine Gruppe junger, innovativer Menschen. Aber irgendwo will sie anfangen und der wichtigste Impuls des Gespräches war: Sprechenden Menschen kann geholfen werden und Sibylle Keupen und ihr Team haben für fast alle Belange ein offenes Ohr. Aachen hat viele Menschen, die mitmachen und Teil der Zukunft sein wollen. \
Am Rande
Sibylle Keupen, 1963 in Mayen (Eifel) geboren, stammt aus einer Gastronomen-Familie, entschloss sich aber für ein Studium der Pädagogik in Bonn und Trier. Neben der Uni arbeitete sie ehrenamtlich und konzipierte politische Aktionen.
Anfang der 90er kam sie nach Aachen und wurde 1994 Geschäftsführerin der Bleiberger Fabrik.
Seit dem 1. November 2020 ist sie Oberbürgermeisterin der Stadt Aachen. \
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