Von Lillith Bartczak
Mit „Cyberpunk 2077“ erschien im Dezember eines der heißersehntesten Videospiele des vergangenen Jahres. Zeitgleich veröffentlichte eine Gruppe Aachener Filmemacher ihren zugehörigen Fanfilm, der im Vorfeld bereits viel Aufmerksamkeit erregt hatte – unter anderem auch bei den Verantwortlichen von „Cyberpunk 2077“ und der Werbeagentur Jung von Matt.
Die Idee zum Fanfilm hatten der Aachener Regisseur Vi-Dan Tran und der Eschweiler Stuntman und Cosplayer Ben Bergmann alias Maul Cosplay. Die beiden waren bereits 2016 an einem Youtube-Hit beteiligt: Das Video „Darth Maul: Apprentice“ mit Bergmann in der Hauptrolle erreichte dort innerhalb weniger Tage über fünf Millionen Klicks.
Seitdem haben sie ihre Fähigkeiten weiter ausgebaut. Der 36-jährige Vi-Dan Tran konnte sich in den vergangenen Jahren international einen Namen machen. Er war in Hongkong und Hollywood tätig, arbeitete mit Jackie Chan zusammen und wirkte unter anderem an den Hollywood-Produktionen „6 Underground“ von Michael Bay, „Shang Chi“ von Marvel sowie „Dune“ und „Into the Badlands“ mit. Und auch Ben Bergmann (41) ist in der hiesigen Szene kein Unbekannter. Er ist als Stuntman tätig und nimmt regelmäßig als Cosplayer an den großen Game Conventions teil, unter anderem als „Witcher“ Geralt aus der gleichnamigen Videospielreihe des Studios CD Projekt Red. Eben dieses Entwicklerstudio veröffentlichte im vergangenen Dezember das Action-Rollenspiel „Cyberpunk 2077“. Das Spiel ist in einer dystopischen Zukunft in der Wüstenmetropole Night City angesiedelt, deren Gesellschaft tief gespalten ist. Während die Reichen und Mächtigen sich unter Zuhilfenahme modernster Technik immer weiter bereichern, leiden die Armen der Stadt unter Bandenkriegen und Gewalt.
„Hongkong-Style“
Ursprünglich sollte „Cyberpunk 2077“ im April 2020 erscheinen, doch der Erscheinungstermin wurde im vergangenen Jahr mehrfach verschoben. Die Vorfreude innerhalb der Videospiel-Community war aber bereits im Januar groß. Das spürten auch Vi-Dan Tran und Ben Bergmann und so kam den Aachener Filmemachern die Idee, das Videospiel in Form eines Fanfilms zum Leben zu erwecken. Der sollte am besten „Hongkong-Style“ zustande kommen: Ohne viel Planung oder Vorbereitung, mit viel Eigeninitiative und kreativen Ideen vom Team. Rund 100 Leute konnte Vi-Dan Tran mit seiner Vision überzeugen, dass gute, qualitativ hochwertige Filme nicht unbedingt aus Hollywood kommen müssen. Und so wurde der Film auch nicht in Hollywood, sondern größtenteils in Aachen – genauer im Bunker „The Base“ an der Scheibenstraße – gedreht. Die Crew bestand aus jungen Talenten: Vom Komponisten über Set-Designer bis hin zu Special-Effects-Experten waren alle hochmotiviert, an so einem ambitionierten Projekt mitzuwirken. Nach fünf Tagen Dreh war allerdings klar: Für einen fertigen Film reicht das Material noch nicht. Aber zumindest für einen Trailer. Und mit dem konnte das Projekt schon viel Aufmerksamkeit erregen. Zum Beispiel die des Entwicklers CD Projekt Red, der sich im weiteren Verlauf an den Fahrt- und Cateringkosten beteiligte. Oder von der Abteilung NERD der renommierten Werbeagentur Jung von Matt, die Firmen wie Rockstar, Vodafone und BMW als Sponsoren mit ins Boot holte. BMW stellte der Crew extra den BMW Turbo X1 zur Verfügung. Und auch hunderte Mitglieder der Cosplay-Community boten sich plötzlich an, an einer Szene im Film mitzuwirken.
„Assassin’s Creed Valhalla“
Durch die Corona-Pandemie geriet der Dreh allerdings ins Stocken. Gleichzeitig bot sich den Filmemachern eine neue Gelegenheit: Spieleentwickler Ubisoft war auf den Trailer zum „Cyberpunk 2077“-Film aufmerksam geworden und beauftragte die Crew, für sein neues Spiel „Assassin’s Creed Valhalla“ ebenfalls einen Film zu drehen. Dieser entstand im vergangenen Sommer in Niedersachsen. Seit dem Release des Spiels Anfang November 2020 ist der Film „Assassin‘s Creed Valhalla – The Hunt“ auf Youtube zu sehen. Und auch der rund 40-minütige Film „Cyberpunk 2077 – Phoenix Program“ wurde pünktlich zur – nicht ganz reibungslosen – Veröffentlichung des Videospiels fertig. Auf Youtube haben ihn schon 28.000 Menschen mit „Gefällt mir“ markiert. Regisseur Vi-Dan Tran hat in der Zwischenzeit ein Angebot aus Hollywood angenommen: Das Videospiel „Halo“ soll zur TV-Serie werden. Doch die Filmszene in Aachen hat sich durch das Projekt in den letzten Monaten untereinander gut vernetzt. Und so bleibt zu hoffen, dass die zwei Fanfilme nur der Anfang von Hollywood made in Aachen sind. \
PANNENRELEASE
Der Launch des Videospiels „Cyberpunk 2077“ am 10. Dezember 2020 war von Pannen geprägt: unzählige Spieler berichteten von Bugs und Problemen, die das Spiel teilweise unspielbar machten. Sony zog schließlich die Reißleine, entfernte das Spiel aus dem PS-Store und versprach enttäuschten Kunden ihr Geld zurück. Die Verkaufszahlen können sich trotzdem sehen lassen: rund 13 Millionen Exemplare wurden von „Cyberpunk 2077“ weltweit verkauft. \
"Cyberpunk 2077 - Phoenix Program" auf YouTube
"Assassin's Creed Valhalla - The Hunt" auf YouTube
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