Es ist ein wenig unfair, das Senckenberg Naturmuseum auf Dinosaurier-Skelette zu reduzieren. Aber es ist nun mal das erste, was einem in den Sinn kommt, wenn der Name fällt. Dabei gilt das Haus in Frankfurt am Main als eines der größten und bedeutendsten Naturkundemuseen in Europa mit angegliederten Forschungsinstituten. Dinosaurier sind nur ein – wenn auch bedeutender – Teil der mehrere Tausend Exponate umfassenden Sammlung, die die Evolutionsgeschichte nachzeichnet.
Als Brigitte Franzen, Vorständin der Peter und Irene Ludwig Stiftung, Ende November öffentlich gemacht hat, dass sie an eben jenes Senckenberg Museum wechseln würde, um dort künftig als Direktorin tätig zu sein, hat das viele Menschen überrascht. Nicht nur in Aachen, wo Franzen – nimmt man ihre fünf Jahre als Direktorin des Ludwig Forums hinzu – insgesamt elf Jahre als herausragender Kopf der Kunst- und Kulturszene tätig war, sondern auch weit über die Stadtgrenzen hinaus. Schließlich ist die Ludwig Stiftung eine der bedeutendsten Kunstinstitutionen des Landes mit internationalem Renommee. Die Frage, die sich viele gestellt haben: Warum wechselt eine ausgewiesene Kunstexpertin an ein naturhistorisches Museum?
Wohl den wenigsten Menschen ist bekannt, dass Franzen eine enge Bindung nach Frankfurt und zum Senckenberg Museum hat. Sie ist in der Stadt aufgewachsen, ihr Vater war ein sehr anerkannter Paläontologe und Paläoanthropologe, der selbst viele Jahre am Senckenberg Forschungsinstitut tätig war. „Es hat in gewisser Weise etwas Magisches, an dem Ort zu arbeiten, den ich aus meiner Kindheit und aus vielen Gesprächen und Erlebnissen so gut kenne“, sagt Franzen im Gespräch mit dem Klenkes. „Ich weiß um die Geschichte und Entwicklung dieses Hauses und bin gewissermaßen bereits ‚Senckenbergerin‘. Das schafft Vertrauen und ist für beide Seiten sehr attraktiv.“ Zugleich macht die 54-Jährige deutlich, dass sie besonders die Möglichkeit reizt, fächerübergreifend zu arbeiten. Ihre Aufgabe sieht sie darin, eine museale Sprache für die Vermittlung brennender aktueller Fragen wie etwa dem Artensterben zu finden, die Gesellschafts- und Geisteswissenschaften sowie die Kunst gleichermaßen aktiv mit einbindet.
Seit dem Jahresanfang ist Franzen bereits in Frankfurt tätig, noch bis Ende Januar leitet sie zugleich die Ludwig Stiftung. Die wird anschließend übergangsweise kommissarisch geführt, bis das Kuratorium der Stiftung unter der Leitung von Isabel Pfeiffer-Poensgen, die auch NRW-Kulturministerin ist, eine ordentliche Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Franzen gefunden hat. Die Stelle ist bereits ausgeschrieben. Man darf gespannt sein, wer sich in dem Bewerbungsverfahren durchsetzt. \ cr
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