„Soll ich erzählen oder willst du?“, mit diesen Worten grinsen sich Sebastian Walter und Emilene Wopana Mudimu nach jeder Interviewfrage gegenseitig an. Kein Wunder, nach zehn Jahren KingzCorner haben die beiden LeiterInnen des soziokulturellen Jugendzentrums an der Königstraße schließlich viel zu erzählen.
Wie es ihnen im Jahr 2020 ergangen ist, berichtet schließlich Emilene. Dafür muss sie jedoch erstmal etwas ausholen: Im Frühjahr 2019 flatterte nämlich eine echte Schreckensbotschaft ins Haus. Die Stadt Aachen untersagte per Beschluss öffentliche Veranstaltungen im KingzCorner. Plötzlich konnten die laufenden Kosten des bis dahin unabhängigen Jugendzentrums nicht mehr durch Konzerte und Partys gedeckt werden. Um zu überleben, musste sich KingzCorner neu aufstellen. Schließlich wurde zusammen mit der Stadt eine Lösung gefunden: Seitdem wird das Jugendzentrum über den Kinder- und Jugendausschuss der Stadt Aachen gefördert.
Glück im Unglück
In Corona-Zeiten erwies sich das als Glücksfall. Denn während andere Kulturstätten große finanzielle Schwierigkeiten haben, steht der KingzCorner auf einem soliden Fundament. Und so konnten das Team des Jugendzentrums auch im Krisenjahr das tun, was ihnen am Herzen liegt: Hip-Hop-Musik und Kunst als medienpädagogisches Mittel einsetzen und vor allem Jugendlichen mit Migrationsgeschichte die Möglichkeit geben, ihre Affinität zur Musik und Kunst auszuleben.
Auch die Workshops der „School of Hip-Hop“ konnten größtenteils stattfinden, erzählen die beiden stolz. Im Rahmen der „Recording Class“ etwa entstand im hauseigenen Tonstudio – unter Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften – der Hip-Hop-Sampler „KingzCorner SOHH Allstars“ mit 14 Songs, die die Jugendlichen selbst geschrieben und aufgenommen haben.
Trotzdem war Corona natürlich mit Umstellungen verbunden. Viele Angebote, wie die Abstimmungen über das Cover des Samplers, wurden ins Internet verlegt. Jedoch war Sebastian und Emilene wichtig, dass ihre Tür und vor allem die ihres Tonstudios auch in der Pandemie für die Jugendlichen offensteht: Als Ort, an dem sie ihre Kreativität ausleben können und vor allem als Ort, der auch nach der Pandemie noch da ist. „In einer Zeit, in der viele der sicher geglaubten Dinge wegbrechen, sind solche Konstanten für viele Jugendliche immens wichtig“, erklärt Emilene.
Neue Ideen
Und im Jubiläumsjahr 2021 arbeiten die beiden schon an der Verwirklichung neuer Ideen: Im Rahmen des neuen Projekts „Heimat ist lit – ein Medienzentrum gegen Rechts und Diskriminierung“, steht unter anderem die Renovierung der Räumlichkeiten und die Einrichtung eines Film- und Medienstudios auf der Agenda. So wollen sie den angestaubten und häufig von politisch rechten Kräften instrumentalisierten Heimat-Begriff mit den Jugendlichen zusammen neu definieren und Kultur- und Medienprojekte zur Rassismusprävention verwirklichen.
Außerdem gibt es Überlegungen, das Grundstück neben dem KingzCorner zu einem Ort der Begegnung umzugestalten, mit Urban Gardening, Chill Area und Graffitiwänden. Man sieht: Die Leiter:innen des KingzCorners haben nicht nur viel zu erzählen, sondern auch nach zehn Jahren noch einiges vor. \lib
kingzcorner.de
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