Von Peter Hoch
Eine Wiedereröffnung der Kinos irgendwann im Juni oder Juli ist zwar nicht komplett abwegig. Völlig ungewiss ist jedoch, ob Hollywood seine lange zurückgehaltenen, teuren Blockbuster diesmal tatsächlich zeigen wird, sollten die Saalkapazitäten wie im letzten Jahr beschränkt werden. Der Arthouse-Bereich hat da etwas bessere Aussichten.
Nägel mit Köpfen macht man bei Disney: Marvels „Black Widow“ und das Dwayne-Johnson-Abenteuer „Jungle Cruise“ werden im Juli in die Kinos kommen, sollten diese geöffnet sein. Parallel dazu wird man beide Filme aber auch auf dem hauseigenen Streamingdienst veröffentlichen, ebenso wie schon Ende Mai die „101 Dalmatiner“-Vorgeschichte „Cruella“, wenn auch zum stolzen Aufpreis von 22 Euro. Auf „Luca“, in dem es um zwei Nixenjungs an der italienischen Küste geht, muss die gebeutelte Filmtheaterbranche sogar komplett verzichten – der jüngste Pixar-Animationsfilm wird innerhalb des Disney+-Abos ab dem 18.?Juni sogar ohne Mehrkosten zur Verfügung stehen. Den restlichen Hollywood-Studios ist diese Option verwehrt, sodass abzuwarten bleibt, was mit „Fast & Furious 9“, „A Quiet Place 2“, „Conjuring 3“ oder „Godzilla vs. Kong“ geschehen wird. Weniger hoch budgetierte Filme wie die gelungene Körpertausch-Horrorkomödie „Freaky“ oder das Weltraumkammerspiel „Stowaway“, in dem eine Raumschiffcrew sich mit einem blinden Passagier und Ressourcenmangel auseinandersetzen muss, dürften ihre Starttermine wahrscheinlich halten. Dasselbe gilt für die Actionfilme „Nobody“ und Guy Ritchies „Cash Truck“ – im ersten Fall überrascht „Better Call Saul“-Star Bob Odenkirk als „John Wick“-Verschnitt, während im anderen Jason Statham eine brutale Überfallserie auf seine Geldtransportfirma aufklären will. Als Kontrastprogramm dazu bieten sich die australische Zeitparadoxon-Komödie „Und täglich grüßt die Liebe“ und die Romanadaption „Generation Beziehungsunfähig“ mit Frederick Lau und Luise Heyer als Großstadtsingles an.
Anspruchsvollere Kinofans dürfen sich vorsichtig auf die verspäteten Starts der Oscargewinner „Nomadland“, „Judas and the Black Messiah“, „Minari – Wo wir Wurzeln schlagen“ und „Der Rausch“ einstellen. ?In „Percy“ behauptet sich außerdem Christopher Walken nach wahren Begebenheiten in der Rolle eines Farmers gegen den Landwirtschaftsgiganten Monsanto. Im ebenfalls auf Tatsachen beruhenden Drama „Der Mauretanier“ mimt Jodie Foster die Anwältin eines Guantanamo-Häftlings und in „Proxima – Die Astronautin“ mit Eva Green und Lars Eidinger muss eine angehende Mars-Reisende sich zwischen Berufs- und Familienleben entscheiden. Bei den heimischen Produktionen sollte man sich Daniel Brühls Regiedebüt „Nebenan“ vormerken, in dem sich der Star selbst und selbstironisch in einem Kneipen-Dialogduell mit dem großartigen Peter Kurth inszeniert. Sehenswert dürfte auch Maria Schraders neue Regiearbeit „Ich bin dein Mensch“ sein, die von einer Wissenschaftlerin handelt, die sich im Rahmen eines Ethik-Experiments mit einem Partnerschafts-Roboter auseinandersetzen muss. Ebenso romantisch wie tragisch und höchst französisch wird es in „Frühling in Paris“ um eine 16-Jährige gehen, die sich in einen doppelt so alten Mann verliebt und in François Ozons „Sommer 85“ um die Urlaubsliebe zweier Teenager-Jungs. Um die Liebe geht es auch im tragikomischen „Gaza Mon Amour“, in dem der Fund einer freizügigen Apollo-Statue das Leben eines Fischers auf den Kopf stellt. Der diesjährige Berlinale-Gewinner „Bad Luck Banging or Loony Porn“ schließlich konfrontiert vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und mit absurd-beißendem Humor eine Lehrerin in Bukarest mit ihrem öffentlich gewordenen Sex-Video und heuchlerischen Moralaposteln.?\
Wieder da
Die Umweltfilmreihe „Global hingeschaut“ ist zurück. Am 9. Juni um 18 Uhr wird entweder per virtuellem Zoom-Meeting oder im Aachener Cineplex die Dokumentation „Hinterm Deich wird alles gut“ gezeigt, mit anschließender Diskussion u. a. mit den Filmemachern Gabriele Kob und Hanno Hart. Filmthema sind drei Dörfer an der Nordseeküste, die sich einer Gemeinwohlökonomie verschrieben haben. Interessierte melden sich bis zum 6. Juni an unter anmeldung@nena-aachen.de.?\
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