Das italienische Modelabel Gucci ist heute ein weit verzweigter Weltkonzern, der 2019 einen Rekordumsatz von fast zehn Milliarden Euro generierte. Dass hinter diesem Wirtschaftsimperium der selbst verschuldete Untergang einer Familiendynastie steht, davon erzählt Ridley Scotts neuer Film. Über drei Dekaden spannt der Regie-Altmeister den Storybogen, der die inneren Machtkämpfe der Guccis lustvoll und episch ausbreitet.
Es beginnt im Mailand der frühen 1970er-Jahre: Eigentlich soll Maurizio Gucci (Adam Driver) als künftiger Erbe die väterliche Hälfte der Firma übernehmen. Aber der Bücherwurm interessiert sich mehr für sein Jurastudium – und für Patrizia Reggiani (Lady Gaga), in die er sich Hals über Kopf verliebt. Die Angebetete kommt aus einfachen Verhältnissen und findet nicht das Wohlwollen Rodolfo Guccis (Jeremy Irons), der den Sohn vor die Tür setzt und zu enterben droht. Patrizia heiratet Maurizio trotzdem, während Onkel Aldo Gucci (Al Pacino), der in New York die US-Geschäfte leitet, nicht ganz uneigennützig versucht, die Wogen zu glätten. Er hofft nach dem Tod seines schwerkranken Bruders Rodolfo mehr Kontrolle über die Firma zu erlangen. Aldos eigener Sprössling Paolo (Jared Leto) schließlich ist ein Taugenichts, dessen Designer-Träume im krassen Gegensatz zu seinen Talenten stehen. Die dysfunktionale Familienaufstellung ist gesetzt und entfaltet ihre toxische Wirkung.
Im emotionalen Zentrum steht dabei Lady Gagas Patrizia, die ambitioniert und raffiniert um Anerkennung kämpft – und schließlich selbst zur tragischen Figur wird. Gaga trägt die Widersprüche und das wechselhafte Schicksal ihres Leinwandcharakters souverän durch den Film, genauso wie Adam Driver die Entwicklung vom schüchternen Bubi zum eiskalten Geschäftsmann schlüssig verkörpert. „House of Gucci“ ist in erster Linie großes Schauspielerkino, das seinen Akteuren genug Entfaltungsspielräume bietet. Ridley Scott (siehe rechts) erzählt das Intrigen-Spektakel aus der Wirtschaftsaristokratie im Format eines klassischen Mafia-Epos. Dabei erinnert die Präsenz Al Pacinos sicher nicht zufällig an die Parallelen zwischen dem Machtkalkül der Guccis und dem des Mafia-Paten Michael Corleone, den der Oscar-Preisträger einst in der „Der Pate“-Trilogie spielte. Allerdings spürt man auch deutlich, dass diese filmhistorischen Schuhe ein paar Nummern zu groß geraten sind und die True-Crime-Story mit 157 Minuten etwas überdehnt erscheint.
„House of Gucci“
USA/CDN 2021 // R: Ridley Scott
Start: 2.12. | 157 Minuten | FSK noch offen
XXXXO
Zum aktuellen Kinoprogramm geht es hier
WEITEREMPFEHLEN