Kräftiges Grün, Gelb, Orange und Violett leuchtet aus den Lokalen an der Mefferdatisstraße 14-18, die in den vergangenen zwei Jahren von einigen Fachleuten und einer Menge Ehrenamtlichen zu Co-Working-Space, Kreativ-Atelier mit Werkstatt, einem Café und einer Kulturbühne hergerichtet worden sind. Die Schaufenster rundherum hingegen sind dreckig und leer, der Blick aus den erhaltenen Buntglasfenstern fällt auf eine graue Wand. Um die Ecke: Aachens Rotlichtviertel und der Büchel. So richtig passen die Räume der sogenannten Meffis nicht an diesen eher trist wirkenden Ort. Oder?
Rowan Hinkle-Johnson sieht das anders. Sie ist Bauleiterin auf der Baustelle der Meffis. „Wir wollen hier positive Energie verbreiten. Unser Gedanke ist es ja gerade, sich zu vernetzen.“ Und damit meint sie eben nicht nur verschiedene Initiativen. Bald soll das Lokal als Refill-Station für Wasser gekennzeichnet werden, Toiletten dürfen von allen genutzt werden. „Öffentliche Toiletten fehlen hier in der Ecke schließlich, das riecht man.“ Architekt Markus Ulrich aus dem Planungsbüro Archigraphus ergänzt: „Die vier Schaufenster mit toller Auslage werden das Straßenbild komplett verändern.“
Neben dem Verein „Hi, wir sind die Meffis e. V.“, der auch den Mietvertrag mit der Städtischen Entwicklungsgesellschaft (Sega) abgeschlossen hat, gibt es bereits über 60 Initiativen, die in irgendeiner Form angedockt sind. Sie haben den Raum mitentwickelt und wollen ihn für ihre Zwecke nutzen. Etwa 200 Mitglieder habe der virtuelle Arbeitsplatz der Meffis, zu den Bautagen sind auch immer einige helfende Hände vor Ort.
Der letzte findet im Juli statt, eine Woche vor der offiziellen Eröffnung. Aufregung liegt in der Luft. Wird die Abnahme des Bauamts reibungslos verlaufen? Werden die Leute das Angebot am Eröffnungswochenende annehmen? Im Café steht Erwin Saumweber und erklärt Helfer Martin, was noch an der Deckenbeleuchtung aus LED-Leisten zu tun ist. „Ich habe das schon ein paarmal gemacht und gebe das Wissen nun weiter“, sagt das Vorstandsmitglied.
So funktioniert vieles auf der Baustelle: Ehrenamtliche werden etwa von Elektroniker Georg Wüller angeleitet und erledigen Arbeiten, die sie auch als Laien übernehmen können. „Wir haben so in der Bauphase 800 bezahlte Arbeitsstunden, also etwa 15.000 Euro, gespart“, sagt Patricia Yasmine Graf. Die Künstlerin bezeichnet sich selbst als „Mitvisionärin des Projekts seit der ersten Begehung“ und hat den Umbau der vier Läden mit Unterstützung der Stadt an den Start gebracht. Insgesamt seien rund 10.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit in das Projekt geflossen. Dass das so gut funktioniert, hätte Markus Ulrich vorher nicht gedacht. Und noch etwas Ungewöhnliches bemerkt der Architekt: Die Arbeiten haben das eher schmale Budget nicht überschritten.
„Stadt von morgen“ bedeutet auch, nachhaltig und sozial an Planungen heranzugehen. Viele Möbel kommen vom Sperrmüll oder wurden den Meffis geschenkt. In den Räumlichkeiten wird an einigen Stellen sichtbar, dass die Gebäude aus den 1960er-Jahren stammen. So wurden bei den Arbeiten an die Wände geschriebene Rechnungen freigelegt, die auch weiterhin sichtbar bleiben. Bei all den Planungen hatte das Team die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN im Blick. Und falls die Nutzung einmal nicht mehr durch die Meffis geschehen sollte, seien die Räume so renoviert, dass sie jederzeit auch für andere Zwecke infrage kämen.
Das ist aber Zukunftsmusik. Mitte Juli feiern viele Unterstützer:innen die Eröffnung des Zentrums. Zum Tag der offenen Baustellentür – wie viele Materialien hat die Eingangstür Lieferverzögerungen – ist das Café eröffnet, Besucher:innen bedrucken sich Beutel und Shirts mit der Siebdruckmaschine und draußen legt ein DJ auf. „Es entsteht eine Fläche für die Menschen rund um den Büchel“, sagt Patricia Yasmine Graf. Sie wirkt glücklich – und auch ein bisschen stolz. \svs
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