Was wäre die Sparte „Schauspiel“ ohne Musik? Seit 15 Jahren ist Malcolm Kemp der musikalische Leiter im Schauspiel am Theater Aachen. Neben den vielen Aufführungen am Haus – das Theater verzeichnet mehr als 130 mit seiner Mitwirkung – hat er Dutzende Filmsoundtracks geschrieben. Auch seine eigene Formation DLÉ bringt ihre neue Produktion „House Of Karls“ Ende März 2024 im Großen Haus auf die Theaterbühne.
Malcolm Kemp ist ein Glücksfall für das Theater Aachen - und nicht weniger für die Musikszene dieser Stadt. Der 48-jährige musikalische Leiter des Schauspiels lebt seit 39 Jahren in Aachen. Geboren in London, zog es seinen Vater, einen schottischen Opernsänger, damals zu einem Engagement ans Theater Aachen.
„Er war hier vier Jahre fest am Haus, wollte dann aber frei arbeiten. Ich war neun, mein Bruder sechs Jahre alt. Es war aber klar, wir wollten nicht mehr zurück nach England. Für uns Kinder in dem Alter war das alles ein Abenteuer. Wir – meine Mutter, mein Bruder und ich – konnten tatsächlich überhaupt kein Wort Deutsch. Wir sind an einem Samstag umgezogen und am Montag drauf sind mein Bruder und ich in eine Aachener Grundschule gekommen. Aber in dem Alter saugt man die Sprache ja auf, versucht mit Händen und Füßen zu kommunizieren und ein halbes Jahr später klappt es sprachlich mit den anderen Kindern.“
Bereits mit sechs Jahren erhielt Malcolm Klavierunterricht. Im Hause Kemp ist er mit klassischer Musik aufgewachsen. „Die hat mich quasi als Baby schon geprägt, und ich habe bis heute noch die Bindung zur klassischen Musik. Irgendwann mit zwölf, dreizehn Jahren lernte ich Pop- und Rockmusik kennen. Ich interessierte mich für die E-Gitarre, vielleicht auch durch den Film „Zurück in die Zukunft“, der damals herauskam. Und das Gitarrensolo im Film hat mich sicherlich auch geprägt.“ (lacht)
Während und nach seiner Schulzeit spielte er in mehreren Bands. Nach dem Abitur studierte er Jazzgitarre am Musikkonservatorium Maastricht – ein prägender Ort für viele aus der Aachener Musikszene. Etliche seiner ehemaligen Kommilitonen arbeiten bis heute mit ihm in Projekten am Theater zusammen – in jüngster Zeit im Bowie-Musical „Lazarus“ oder in der Junk-Oper „Shockheaded Peter“ nach Motiven aus „Der Struwwelpeter“. Zum engen Kreis gehören Uwe Böttcher, Moritz Schippers und Samuel Reissen: „Wir vier haben schon viel zusammen gemacht“, bilanziert Kemp.
Malcolm Kemps Eintritt in die Theaterwelt geschah hingegen eher zufällig. „Ich bin hier quasi reingerutscht, wie das am Theater oft so ist. Der damalige Leiter vom Mörgens, Thomas Fiedler, wollte einen Musikabend im Mörgens machen und sprach mich an. Das Konzept hieß „Instant Music“ und fand drei Jahre lang einmal im Monat statt. Es gab Themenabende: Johnny Cash, Udo Lindenberg … manchmal war es völlig frei. So ging das los.“ Mitglieder aus dem Schauspielensemble waren immer mit dabei, und so ergab sich damals auch die Bandgründung der White Elephants mit dem 2018 verstorbenen, bereits lange am Theater spielenden Schauspieler Karsten Meyer. Mittlerweile kannte und schätzte man Kemps Arbeiten am Haus und irgendwann wurde er gefragt, ob er sich eine feste Anstellung am Theater vorstellen könne. Und so kam es. Seine erste Arbeit war 2008 „Playback Life“, ein Theaterstück für Jugendliche ab 13 Jahren in einer Inszenierung von Marc Lippuner im Mörgens. An diesem Ort lud Kemp dann unter dem Namen „Kemos Musikkiste“ regelmäßig Bands aus der lokalen Szene ein.
Furioses Rap-Theater mit DLÉ
Malcolm freut sich auf die kommende Spielzeit mit der neuen Intendantin Elena Tzavara. „Vor einiger Zeit gab es schon ein Treffen mit der neuen Leitung. Und sowohl Elena als auch Kerstin (Grübmeyer, Ltg. Schauspiel) kannten mich bereits über unser HipHop-Trio DLÉ. Wir hatten das hier in Aachen entwickelte Stück „Der Fluch der Tantaliden“ (eine mythologische Rap-Oper-Soap, d. Red.) nach Mannheim verkauft. Kerstin war damals die Dramaturgin am Nationaltheater Mannheim und auch Elena kannte unser Video zum Stück.“
Von DLÉ – das sind Theaterregisseur Florian Hertweck, Tim Knapper, Schauspieler am Theater Aachen und Kemp -– folgte dann ein weiteres Stück: das nicht minder furiose „Wack To The Future“, ein schräger Zukunftskrimi, der bereits 2018 unter dem Namen „Android Ergo Sum“ am Mörgens gespielt wurde und 2022 seine große Uraufführung am Staatsschauspiel Dresden hatte. „DLÉ sind die Storyteller-Master. Jeder, der Konzept-Geschichten mit Rap erzählen will, muss sich an ihnen messen lassen“, sagt der Rapper und Labelgründer Käptn Peng, der ebenso wie DLÉ oder die Schauspielerin Sandra Hüller bei der Indie-Plattenfirma Kreis Musik veröffentlicht.
Für Ende März steht die Premiere der neuen DLÉ-Arbeit „House Of Karls“ diesmal endlich im Großen Haus in Aachen an. Selbstredend, dass hier der in Rom gekrönte und von Aachen aus herrschende Kaiser in einer schrägen und bunten Inszenierung ironisch und kritisch beäugt wird. (Richard Mariaux)
Info
Malcolm Kemp schreibt gerade neue Songs für „Vom Fischer und seiner Frau“. „Da sind wir auch wieder mit einer kleinen Band dabei. Es wird nicht direkt ein Musical, aber es sind viele Songs im Stück.“ Die Premiere des musikalischen Märchens für Kinder ab sechs Jahren ist am 3. Dezember 2023
Video zum „Der Fluch der Tantaliden“
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