Von Lillith Bartczak
Herr Schmidt, wieso werden in NRW überhaupt sogenannte Seiteneinsteiger*innen gesucht?
Emanuel Schmidt: Das liegt daran, dass hier Lehrkräftemangel herrscht, insbesondere an den Berufskollegs im sogenannten MINT-Bereich, sprich im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Über den Seiteneinstieg möchte man fachlich qualifizierten Personen mit Berufserfahrung den Weg ins Lehramt ermöglichen.
Wer kommt als Seiteneinsteiger*in infrage?
Schmidt: Am einfachsten ist der Weg ins Lehramt für diejenigen, die einen Studienabschluss, in der Regel einen Master, etwa in Maschinenbau haben sowie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Außerdem müssen sich aus dem jeweiligen Studium zwei Unterrichtsfächer ableiten lassen. Dann ist die Teilnahme am zweijährigen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst, der sogenannten OBAS-Maßnahme, möglich.
Wie kann man herausfinden, ob man dafür infrage kommt?
Schmidt: Wenn sich jemand zur Lehrkraft berufen fühlt und auch davon ausgeht, die oben genannten Voraussetzungen zu erfüllen, dann kann der- oder diejenige sich auf eine OBAS-Stelle an einer Schule bewerben. Die werden auf der Plattform LOIS.NRW (schulministerium.nrw.de/BiPo/LOIS/) eingestellt. Wenn dort nichts Passendes aufgelistet ist, lohnt es sich gegebenenfalls bei einer beliebigen Schule anzufragen, ob Bedarf besteht. Im Anschluss an eine Bewerbung prüft die zuständige Bezirksregierung, ob die Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind. Wenn alles passt, kann man einen Arbeitsvertrag mit der Schule unterschreiben und in die 24-monatige OBAS-Maßnahme starten.
Wie läuft der berufsbegleitende zweijährige Vorbereitungsdienst ab?
Schmidt: In den ersten sechs Monaten werden zunächst die bildungswissenschaftlichen, allgemeindidaktischen und überfachlichen Lücken geschlossen, die die Seiteneinsteiger*innen haben, weil sie kein Lehramt studiert haben. Danach folgt, wie bei grundständigen Lehramtsstudierenden auch, das 18-monatige Referendariat an der Schule, mit der eben ein Arbeitsvertrag besteht. Am Ende steht die Staatsprüfung und danach sind die Seiteneinsteiger*innen voll befähigte Lehrkräfte und bleiben in der Regel weiterhin an der Schule, an der sie ausgebildet wurden.
Welche anderen Arten von Seiteneinstieg gibt es noch?
Schmidt: Für bestimmte Fachhochschulabsolvent*innen gibt es die Möglichkeit, an die RWTH Aachen zu wechseln und hier über den Lehramts-Masterstudiengang den „regulären“ universitären Weg zur Lehrkraft einzuschlagen. Außerdem gibt es noch den berufsbegleitenden Masterstudiengang für Uni- und Fachhochschulabsolvent*innen, die einen Bachelor haben. Voraussetzung hierfür ist, dass die angehenden Lehrkräfte eine Schule finden, die ihnen eine Stelle neben dem Masterstudium anbietet. Am Ende des Masters folgt in beiden Fällen dann das ganz normale Referendariat. Das bedeutet, dass Personen, die über den berufsbegleitenden Master gehen oder die OBAS-Maßnahme durchlaufen haben, am Ende den Lehrer*innen mit grundständigem Lehramtsstudium gleichgestellt sind.
Können Nicht-Akademiker*innen Seiteneinsteiger*innen werden?
Schmidt: Ja, wenn jemand beispielsweise aus dem Handwerk kommt und einen Meister hat, kann der- bzw. diejenige die sogenannte einjährige pädagogische Einführung machen. Dann kann man jedoch nur in ein Tarifbeschäftigungsverhältnis übernommen werden, aber nicht verbeamtet werden. Infomaterial hierzu stellt beispielsweise das Schulministerium zur Verfügung.
Zur Person
Emanuel Schmidt (35) berät am Lehrerbildungszentrum (LBZ) der RWTH Aachen nicht nur potenzielle Seiteneinsteiger*innen, sondern auch Studierende, die dort den Lehramts-Bachelor absolvieren sowie Personen, die sich für ein Lehramtsstudium an der RWTH interessieren.
Website Lehrerbildungszentrum RWTH Aachen
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