Auf dem Weg zur Aachener Geschäftsstelle des Naturschutzbunds Deutschland, kurz NABU, bekommt man eine Vorstellung davon, wie vielfältig das Thema Naturschutz ist: Entlang des Preuswegs im Südwesten der Stadt passiert man einige vornehme Villen mit mehr oder weniger ambitioniert bepflanzten Vorgärten mit Neophyten und invasiven Sorten wie Kirschlorbeer, bevor die Bebauung in das Grün des Van-Halfern-Parks mit seinem beachtlichen Baumbestand und den weitläufigen Preuswald übergeht.
Der 1899 zunächst als Deutscher Bund für Vogelschutz gegründete NABU ist der mitgliederstärkste Naturschutzverband Deutschlands. Seit 1988 gibt es einen eigenen Stadtverband, der sich für den Naturschutz im Aachener Stadtgebiet stark macht. Der Vorsitzende Ulrich Schwenk und seine Stellvertreterin Betty Malangré engagieren sich ehrenamtlich im Verein und den unterschiedlichen Arbeitskreisen. Während der Diplominformatiker vor elf Jahren als leidenschaftlicher Naturfotograf über die Ornithologie, die Vogelkunde, zum Nabu kam, hat die studierte Biologin, die hauptberuflich im kaufmännischen Bereich eines Handwerksbetriebes arbeitet, nach der Kinderpause ihre Berufung im Arbeitskreis Naturgarten gefunden. Neben der Naturfotografie, der Ornithologie und dem Naturgarten gibt es weitere Arbeitskreise zum Schutz von Schmetterlingen und Wildbienen.
Exkursionen und Aktionen
Über das Jahr verteilt bietet der NABU verschiedene Exkursionen und Aktionen an – von wissenschaftlichen Erfassungsaktionen (Monitoring) von Vögeln, Wildbienen, Hummeln, Tagfaltern und Schmetterlingen über Fotoexkursionen am Schneebergweg oder im Westpark bis zur Pflanzenbörse im Floriansdorf. „Wir verstehen uns als Botschafter für naturnahe Gärten“, erklärt Betty Malangré und erläutert, wie der Floriansgarten auf Melaten in den letzten zehn Jahren von rund 80 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in einen Naturgarten umgewandelt wurde, zu dem auch ein Bienenvolk und ein Naturteich gehört.
„Bei der Pflanzenbörse im April sind wir mit einem Stand vor Ort, um zu beraten. Denn nicht jede Pflanzerde oder Samentüte ist ökologisch wertvoll. Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht“, sagt sie und lacht, denn bei aller Aufklärung möchte sie nicht dogmatisch sein. „Gerade in älteren Gärten finden sich oft problematische Gewächse, die sich nicht von heute auf morgen durch heimische, insektenfreundliche Pflanzen ersetzen lassen, wobei manche Pflanzen auch einfach etwas für’s Gemüt sind, wie Narzissen oder Forsythien als erste bunte Frühlingsboten.“
Aber auch mit kleinen Schritten lässt sich Gutes im eigenen Garten – oder immer häufiger anzutreffenden öffentlichen Gemeinschaftsgärten – bewirken: Heimische, mehrjährige Pflanzen, robuste, alte Obstsorten oder Totholzstapel bieten Vögeln, Fledermäusen, Wildbienen und anderen Insekten Winterquartier, Nisthilfen und Nahrung. Aus Küchen- und Gartenabfällen lässt sich wertvolle Komposterde gewinnen, anstatt auf billige Erden mit Torfanteil aus Bau- oder Gartenmärkten zurückzugreifen.
Umweltbildung
Genau dort setzt der NABU an: Mit Umweltbildung gegen falsche Versprechen und überkommende Naturmythen. Konkret bedeutet das, tatsächlich bei Kitas und Schulen anzusetzen und mit Informations- und Spielmaterial die Kleinsten für das Thema zu begeistern. „Angrenzend an das Schulgelände der GGS Gut Kullen entsteht ein von uns initiierter und betreuter Quartiersgarten als nachhaltiger und ökologischer Natur- und Nutzgarten, der zunächst von den Kindern genutzt und später für alle Menschen des Viertels geöffnet werden soll“, sagt Ulrich Schwenk.
Von der erfolgreichen praktischen Arbeit mit Kitas und Schulen geht es zu den „großen“ Themen, die zumeist mehr Überzeugungsarbeit erfordern: Blühstreifen auf Landwirtschaftsflächen und nachhaltige Bepflanzung im öffentlichen Raum. Ulrich Schwenk verweist auf den vom NABUerstellten Leitfaden für die Insektenförderung durch Blühstreifen im Ackerland (LiBA), der unbürokratisch und flexibel naturschutzfachlich hochwertige Blühstreifen, beispielsweise mit Wilder Möhre, Klatschmohn oder Kornblume, ermöglichen soll. Ulrich Schwenk seufzt, die Zusammenarbeit mit den Landwirten in der Region ist trotz der finanziellen Anreize durch Förderprogramme von Land und Bund mühsam. „Nichtsdestotrotz können wir auf viele erfolgreiche und bedeutende Projekte zurückblicken, so pflanzen wir beispielsweise jedes Jahr rund 120 Obstbäume“, sagt er und verweist auf den ursprünglichen Ansatz des Vereins Naturschutz durch Flächenkauf zu sichern.
Es gibt unter anderem eine rund 60 Hektar große Fläche, die die Mitglieder des NABU pflegen. „Erst im letzten Jahr haben wir eine sehr großzügige, anonyme Spende erhalten, mit der wir ein Stück Land südlich von Hahn vor dem Mönchsfelsen kaufen konnten. Das wollte sowohl der Spender als auch der Verkäufer, eine echte Win-win-Situation also.“ Auch das Gebäude der Geschäftsstelle stammt aus einer Spende in Form einer Erbschaft. Da der Platz für den NABU und die Naturschutzstation Aachen kaum reicht, würde man gerne eine neue, größere Immobilie akquirieren, zumal auch ein eigener Betriebshof mit landwirtschaftlichen Geräten vom Traktor über Heuwender bis zu Motorsägen und Sensen zum NABU gehört. „Ein landwirtschaftlich nutzbarer Hof wäre ideal“, sagt Schwenk, lacht und klopft auf Holz. „Vielleicht hilft das Wünschen ja.“
Dass auch auf kleinster Fläche ein biologisches Kleinod entstehen kann, zeigt sich im Garten der Geschäftsstelle: Auf den langsam knospenden Ästen eines Buschs lassen sich nacheinander mehrere Vögel nieder: Ulrich Schwenk erkennt mit ornithologisch geschultem Blick Rotkehlchen, Blaumeise und einen Dompfaff, auch Gimpel genannt.
Für ihn steht der Respekt vor Flora und Fauna beim Fotografieren an oberster Stelle, weshalb ihn andere Fotografen aufregen, die für ein Bild wertvolle Flächen zertreten oder gar Tiere mit Eis- oder Klebespray fixieren. „Das hat nichts mit Naturfotografie zu tun“, sagt er und erzählt seinem Kollegen Lukas Oßmann, der seine Workshops im Westpark und der Drover Heide abhält, um Interessierten das Thema näherzubringen. Für Schwenk liegt ein Reiz der ehrenamtlichen Tätigkeit auch im sozialen Miteinander, denn beim NABU engagieren sich junge und ältere Menschen gleichermaßen: „Die Liebe zur Natur vereint, so einfach ist das!“
NABU Aachen
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