Die Ausstellung „Nord Nordwest – Carl Schneiders, Aachen und das Meer“ bringt sommerliches Urlaubsfeeling ins Museum, fast meint man eine leichte Brise zu spüren, die salzige Luft zu schmecken und die Möwen in der Ferne schreien zu hören. Schon das Plakatmotiv, eine Detailansicht eines Vlielandschiffes mit Namen „Noord“, nimmt die Besucher mit ans Meer.
Flankiert wird das in stimmigen Farben kolorierte Motiv von Zeichnungen weiterer Details, die bis ins Abstrakte hineingezoomt scheinen. Mal richtet sich sein Fokus auf den Schlot und den rot-weißen Rettungsring, mal auf die Takelage, bei der Schneiders die vorgesehenen Farben für das Ölbild in der Skizze notiert.
Bei der Eröffnung der Ausstellung war Gabriele Schneiders, die Tochter des 1905 in Aachen geborenen Malers, vor Ort, um das Team um Kuratorin Wibke Vera Birth und Dirk Tölke, den Verfasser des Werkverzeichnisses, zu unterstützen und Details zu einzelnen Gemälden und Skizzenblättern zu verraten. Laut ihrer Aussage hatte ihr Vater immer einen Zeichenblock dabei, wobei ihn nicht nur blauer Himmel, sondern auch die Grautöne interessierten. Zum Leidwesen mancher Zaungäste, die eher romantische Sonnenuntergänge als nahezu monochromatische Wellenbrecher auf dem Zeichenblock erwarteten.
Der am Bauhaus ausgebildete Künstler fertigte zunächst eine Zeichnung mit Kohlestiften, arbeitete dann mit Guache und Tempera, bevor er die Motive als Ölbilder anlegte. Dank der im Familienbesitz befindlichen, noch nie ausgestellten Mappen mit Kohlezeichnungen lassen sich die Werkprozesse en Detail erleben: Die Zugbrücke in Zierikzee stellte Schneiders in den 1960er Jahren mehrfach dar, ebenso die Kuppel von St. Johann in Burtscheid.
Sein Werk ist gekennzeichnet von klaren tektonischen Strukturen und einer freundlich-zurückhaltenden Farbgebung. Trotz der unterschiedlichen Motive – Strand- und Hafenbilder, Industrieanlagen und Alltagsgerätschaften – strahlen Schneiders Bilder eine souveräne Ruhe aus, die man als Schlichtheit im allerbesten Sinne bezeichnen kann. Formen, Flächen und Farben sind auf das Wesentliche reduziert, die Oberfläche blieb matt und wurde nicht gefirnist, damit die vielen, in Spachteltechnik aufgetragenen Untermalungsschichten durchscheinen.
In einer Ecke der Ausstellungshalle steht ein Strandkorb, in dem man das mit viel Sachverstand und Fleiß zusammengetragene Werkverzeichnis durchblättern und sich ans Meer träumen kann. Um es mit den Worten von Wibke Birth zu sagen: „Wenn draußen der Sommer auf sich warten lässt, dann findet er halt dieses Jahr im Museum statt.“ Und zum reichhaltigen Rahmenprogramm gehören neben Low-Art-Führungen im dialogischen, entschleunigten Format hoffentlich auch laue After-Work-Abende mit Aperol auf der Terrasse. \bep
bis 29.9. (UPDATE: verlängert bis 20.10.24)
„Nord Nordwest – Carl Schneiders, Aachen und das Meer“
Suermondt-Ludwig-Museum
suermondt-ludwig-museum.de
Foto: Gabriele Schneiders, Tochter des Künstlers Carl Schneiders, und Wibke Vera Birth, Kuratorin der Ausstellung.
Rahmenprogramm:
14.7., 21.7. // 15-16 Uhr
Öffentliche Themenführung Teilnahmetickets sind ab 30 Minuten vor Beginn der Führung an der Kasse erhältlich.
Museumseintritt zzgl. Führung 2,00 Euro, für alle bis einschl. 21 J. Eintritt und Führung frei
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