Klar, auf die Sommerferien freuen sich alle, aber wie kompensiere ich meine laufenden Sportkurse, vor allem in den Schulsport- und Schwimmhallen, die dann wochenlang pausieren?
Angesichts von sechs Wochen ohne meinen für das ganze Jahr bezahlten Aqua-Fitnesskurs schaue ich ab Mitte Juni nach Alternativen – kein Fitnesscenter, in dem man sich für Monate verpflichtet, kein Selbstdisziplin erforderndes DIY-Programm im Park oder im heimischen Wohnzimmer. Einfach ein Feriensportkurs, sechs Wochen sporteln und schwitzen und dann basta!Als die Sommerferien nahen, bin ich noch keinen Schritt weiter. Niemand bietet einen sechswöchigen Kurs an, der genau über die Sommerferien läuft.
Dann flattert die Pressemeldung mit dem Sommerprogramm der VHS für Aachen und den Nordkreis rein: Die Gesundheitskarte bietet Schnupperkurse in den Ferien – perfekt! Man kann aus etwa 20 Kursen zwei Kurse mit jeweils zwei Terminen in den Sommerferien auswählen, beim Angebot von Bodystyling über Hatha Yoga bis zu Westcoast Swing sollte doch etwas Passendes zu finden sein.
Da sich mein neues Sportprogramm in den bestehenden Arbeits- und privaten Lebensrhythmus einfügen muss, entscheide ich mich für zwei aufeinander folgende Kurse an einem Tag: Zunächst „Faszien Qigong“, dann direkt im Anschluss im gleichen Raum der Kurs „Gelassen und sicher im Stress“.Montagabend kurz vor 18 Uhr: mit ein paar anderen Teilnehmerinnen, die zuvor ebenfalls orientierungslos den Raum gesucht haben, ziehe ich mich in der engen Umkleide um und betrete den Sportraum.
Es gibt nichts, was den Geruch einer Sporthalle jemals wieder aus dem olfaktorischen Gedächtnis tilgen kann, wie in einer Zeitmaschine bin ich gedanklich wieder beim Schulsport Anno 1986.
Trainerin Ilona Schlesinger stellt sich kurz vor, erläutert die Grundlagen ihres Kurses und legt mit ein paar leichten Aufwärmübungen los. „Immer, wenn die Trainerin sagt, noch einmal, müsst Ihr auf Euch drauf einstellen, dass es noch zwei weitere Runden geben wird“, sagt sie und lächelt dieses Lächeln einer durchtrainierten Person, das mir – noch vom Umziehen auf minimalsten Platz schnaufend – fast ein bisschen Angst einjagt. Dann geht es weiter mit Dehnen und Strecken, anschließend kommt der Stock zum Einsatz und wird behände wie in einem japanischen Kampfsportfilm nach rechts und links, nach oben und unten bewegt.
Mein stilles Beten, wann die drei Sätze jeder Übung endlich vorbei sein mögen, löst sich in Schall und Rauch auf, als Ilona meine vorbildliche Körperspannung und den geraden Rücken lobt. Yes! Durch das trainerliche Lob bestärkt, vergehen ab da die Übungen wie im Flug.
Beschwingt – und allein durch die körperliche Erschöpfung entspannt – erkläre ich kurz darauf bei der Vorstellungsrunde den Teilnehmenden des zweiten Kurses mein Sporty-Spice-Outfit und meine rosige Gesichtsfarbe. Der von Lara Weißbach geleitete Kurs basiert auf dem Marburger Präventionsprogramm von Kaluza.
Ziel ist es, stressbedingte Gesundheitsrisiken zu reduzieren, indem die individuellen Kompetenzen zur Bewältigung von Belastungen im Alltag gefördert werden. Okay, für insgesamt drei Unterrichtsstunden klingt das sehr ambitioniert.
Was bereitet Dir Stress? Wie äußert sich Stress bei Dir? Und was machst Du bei Stress? Drei vermeintlich leichte Fragen, eine sympathische junge Dozentin mit dem weisen Lächeln eines hundertjährigen Yogis und ein Haufen mir unbekannter Menschen, die ohne Berührungsängste gleich ins Thema einsteigen und mit mir zusammen Karteikarten mit Gedanken und Vorschlägen füllen: Sport, Meditation, Entspannungsbad, Atemübungen …
Auch diese Stunde vergeht ratzfatz und hallt mit vielen Eindrücken und Impulsen noch eine Weile nach.
Mein Fazit ist absolut positiv: Auch, wenn das Buchungsverfahren recht kompliziert ist, sind die Kurse ein feines Amuse-Gueule für das komplette Kursangebot der VHS und bieten eine günstige und unverbindliche Möglichkeit, in den Ferien etwas Neues auszuprobieren.
Übrigens: Auch das Helene-Weber-Haus bietet mehrere vierwöchige Kurse während der Ferien an. Ich entscheide mich für Stepaerobic für Anfänger, ein effizientes Herz-Kreislauftraining, bei dem zu motivierender Musik mit Spaß ordentlich Kalorien verbrannt werden, klingt gut. Dass ich die Entspannungstipps aus dem VHS-Kurs ernsthafter hätte berücksichtigen sollen, zeigt sich am Mittwochabend, als ich mit meiner Sporttasche vor verschlossener Tür stehe – der Kurs läuft dienstags, nicht mittwochs, wie ich es für die nächsten vier Wochen in den Kalender eingetragen habe.
Den Erfahrungsbericht für diesen Kurs muss ich schuldig bleiben, denn der zweite Termin findet nach Redaktionsschluss statt. Aber dank des Hinweises auf das vielfältige Angebot von Aerobic bis Zumba an verschiedenen Standorten sehen wir uns ja vielleicht mal beim entspannten Schwitzen. \bep
Nachtrag:
Während der Klenkes in der Druckerei durch die Walzen lief, habe ich in der zweiten Stunde des Kurses „Stepaerobic“ in der Sporthalle des Helene-Weber-Hauses in Stolberg alles gegeben: 60 Minuten „March“-„Push Touch“-„March“-„Lift Step“-„March“-„Kick“-„March“ …
Im Gegensatz zu den anderen Ladies, die den „Anfänger“-Kurs offenbar schon seit Jahren besuchen, hatte ich nicht nur nach kürzester Zeit einen Knoten in den Beinen, sondern vor allem im Gehirn, weil die Schrittfolgen ja auch noch aufs Treppchen führen, den „Stepper“.
Kurzum: Nach der Hälfte der Zeit war ich fix und fertig, sah im Spiegel nur noch meinen knallroten Kopf und habe mich bemüht, wenigstens die Schrittfolgen „an Land“, also ohne Stepper, hinzubekommen.
Das alles klingt einfacher als es ist, denn die größte Herausforderung für mich war tatsächlich, im ungeübten Zustand am Kurs teilzunehmen und auf andere zu treffen, die fitter, dünner, jünger, gelenkiger und leistungsfähiger sind - oder eben nicht.
Dank der Gelassenheit der Trainerinnen sowie der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die trotz besserer Kondition auch ins Schwitzen kamen, war das aber auch das schönste Erfolgserlebnis - es geht nicht um Höchstmarken und Bestleistungen, sondern darum, Neues auszuprobieren und in Bewegung zu kommen, egal wie schwierig der Anfang sein mag.
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