Der 1936 in Hannover geborene Wolfgang Becker war mehr als drei Jahrzehnte – von 1969 bis zu seinem Ausscheiden als Direktor des Ludwig Forums 2001 – eine der wichtigsten und umtriebigsten Personen der Aachener Kulturlandschaft: Der Kunsthistoriker war als Berater des Sammlerehepaars Peter und Irene Ludwig, als Museumsgründer und -leiter tätig und hat Aachen auf die große Bühne der Kunstszene und der europäischen Avantgardekunst gebracht.
Eckard Hoog beschrieb Becker in seinem Beitrag in der Aachener Zeitung 2016 sehr passend: „Seine Eskapaden sind legendär — dabei ist der Mann durch und durch seriös.“ und weiter: „Ludwig kaufte ein, Becker inszenierte die Kunst. Die fensterlose Brücke über der Komphausbadstraße, heute die „Klangbrücke“ als Aufführungsort für Konzerte, war das Schaufenster für Ludwigs Erwerbungen, der Ballsaal im Alten Kurhaus die aktionistische Spielwiese.“
Auch nach seiner Pensionierung blieb Becker aktiv und der Kunst zugewandt. Er besuchte Ausstellungen und hielt geistreiche Reden bei ihren Eröffnungen, schrieb kluge Texte und brachte sich unter anderem bei der Bürgerstiftung Lebensraum für das Thermalwasser-Projekt ein. Letztes Jahr hatte er noch am Bildband zum Aachener Wandmaler Klaus Paier mitgewirkt. Mit Wolfgang Becker, der seine Frau Sonja Benzner und den gemeinsamen Sohn Jakob hinterlässt, verliert Aachen eine wichtige Stimme der Kunst. Adieu! /bep
Auszug der Biografie von Wolfgang Becker auf Wikipedia:
„Becker studierte von 1960 bis 1967 an der Universität von Paris, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und an der Universität zu Köln die Fächer Kunstgeschichte, Archäologie und Geschichte. 1965 wurde er an der Universität Köln mit der Arbeit „Paris und die Deutsche Malerei 1760–1840“ promoviert.
Von 1967 bis 1969 war Becker künstlerischer Werbeleiter der Stadt Köln. Seit 1968 arbeitete er mit dem Sammlerehepaar Peter und Irene Ludwig zusammen. 1970 gründete er das Städtische Museum „Neue Galerie im Alten Kurhaus“ in Aachen mit der Aufgabe, die ständigen Neuerwerbungen des Sammlers Peter Ludwig zu präsentieren und durch Ausstellungen und Veranstaltungen zu ergänzen.
Er schuf – mit einem Blick auf die vielen Studenten der RWTH – ein kunstpädagogisches Programm, das in die Medienlandschaft wirkte: 1973–1977 veröffentlichte er wöchentlich einen lexikalischen Artikel über zeitgenössische Künstler in der Aachener Volkszeitung unter dem Titel KUNST-ABC (173 Artikel), eröffnete eine Kindergalerie und erreichte die Einstellung einer Museumspädagogin. Die ersten Einzelausstellungen führten die Arbeiten von Wolf Vostell, Nancy Graves, Anne und Patrick Poirier vor und wurden von einem Programm der Performances und Video-Installationen begleitet. Die Video-Werke, die damals geschenkt und erworben wurden, bilden heute den Grundstock der Videosammlung, die im Ludwig Forum für internationale Kunst archiviert ist und in einem online-Videoarchiv abgerufen werden kann. Als deutscher Kommissar der Biennale des Jeunes in Paris 1971–1977 stellte er deutsche Video-Künstler wie Ulrike Rosenbach vor und zeigte andererseits französische und belgische Künstler in Aachen.
Der medienwirksame und schließlich geläufige Begriff „Neue Wilde“ wurde erstmals von Wolfgang Becker 1980 für eine Ausstellung der Neuerwerbungen der Sammlung Peter Ludwig in der Neuen Galerie – Sammlung Ludwig und ihren Katalog verwendet: „Les Nouveaux Fauves – Die Neuen Wilden“. Er breitete sich schnell aus, und Becker ergänzte die Aachener Sammlung in den folgenden Ausstellungen. Der Hype der deutschen Neo-Expressionisten, der französischen Supports-Surface-Gruppe, der New Yorker Graffiti-Writer des Wild Style und der Pattern Painting Bewegung wurde wesentlich durch die große Zahl der Ankäufe des Sammlers Ludwig und ihre wandernden Präsentationen verursacht.
Becker organisierte zahlreiche Wanderausstellungen der europäischen, amerikanischen und osteuropäischen Bestände der Sammlung Ludwig und zeigte in Aachen die ersten Ausstellungen zeitgenössischer Künstler der DDR, der UdSSR, Ungarns, Rumäniens, Bulgariens, der CSSR und Kubas.
1989 wurde Becker zum Honorarprofessor für Kunstwissenschaft an der Fachhochschule Aachen ernannt.
Die Neue Galerie – Sammlung Ludwig residierte bis 1991 in dem von Jakob Couven entworfenen Alten Kurhaus Aachen. Mit dem Umzug der Sammlung 1991 in die vormalige Schirmfabrik Brauer, einem Gebäude im Bauhaus-Stil von 1928 des Architekten Josef Bachmann, und der dortigen Gründung des Ludwig Forums für Internationale Kunst in Aachen wurde Becker dessen erster Direktor. Im Jahre 2001 ging er in Pension. (…)
Becker publizierte zahlreiche Kataloge der Sammlung und der Ausstellungen und verabschiedete sich 2001 aus dem Ludwig Forum mit dem Buch Streitlust. Die Kunst der letzten 30 Jahre und die Sammlung Ludwig, Köln 2001.
1990 wurde ihm die Ritter-Klasse des Ordens Arts et des Lettres verliehen.
1995 wurde er in Kuba mit dem Distincion por la Cultura Nacional de Cuba geehrt.
2007 erhielt er den Goldenen Lorbeer der Gesellschaft bildender Künstler Österreichs“
Mehr Informationen zu Wolfgang Becker und seinem Werk:
https://wbecker-ac.de
Literatur von Wolfgang Becker im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek und Bibliografie auf der Webseite von Wolfgang Becker
Porträt Wolfgang Becker, Foto: Bernd Radtke
Webseite von Wolfgang Becker
Wolfgang Becker - Porträt
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