Als Familienoper bringt das Theater Aachen „Die Zauberflöte“ kurz vor Weihnachten auf die Bühne – eine bewusste Entscheidung. Allein schon wegen der Verbindung zum Haus, das seinen 200. Geburtstag feiert. Der Architekt Karl Friedrich Schinkel entwarf 1815 ikonische Bühnenbilder für eine Berliner Inszenierung der Oper. Besonders der blaue Nachthimmel mit leuchtend gelben Sternen beim Auftritt der Königin der Nacht prägt bis heute viele Inszenierungen. Rund zehn Jahre später wirkte Schinkel am Neubau des Aachener Theaters mit. Seine legendären Bühnenbilder inspirieren nun den Aachener Künstler Tim Berresheim, der für die aktuelle Produktion mystisch-verdrehte Welten erschafft. Mithilfe von computergenerierter Kunst und der kreativen Zusammenarbeit mit drei Aachener Schulen gestaltet er eine Szenerie aus rankender Natur, Tempeln und Sternenhimmeln und erschafft seine eigene Interpretation der Märchenwelten.
Märchen, Mythologie, Magie – das alles vereint „Die Zauberflöte“ und fasziniert die Menschen bis heute. „Die besten Stücke sind die, die für alle sind“, sagt Regisseurin Geertje Boeden, die den Klassiker gleichermaßen spannend für Kinder und Erwachsene inszeniert. Die Oper als Singspiel – eine Mischung aus gesungenen und gesprochenen Passagen – wurde sprachlich modernisiert: Vor allem die Texte der jungen Generation, wie Tamino und Papageno, wurden ins Heute geholt.
Die Handlung der Oper bleibt dabei zeitlos: Der junge Prinz Tamino soll im Auftrag der Königin der Nacht ihre Tochter Pamina aus den Händen des Oberpriesters Sarastro retten. Mit der Unterstützung des Vogelfängers Papageno und ausgestattet mit einer Zauberflöte und einem magischen Glockenspiel, bestehen sie zahlreiche Prüfungen. Tamino und Pamina finden zueinander, und Papageno entdeckt seine Papagena. Am Ende der Oper werden wir alle zu „Eingeweihten“ und Tamino und Pamina gehen ihren eigenen Weg.
„Aber es gibt kein einfaches Gut und Böse – jeder ist der Held seiner eigenen Geschichte“, betont Boeden. Für eine familienfreundlichere Inszenierung wurde die Handlung gestrafft: „Da ist ordentlich was rausgeflogen“, lacht die Regisseurin. „Aber dennoch nehmen wir alle Rollen ernst. Es wird cartoonesk werden und auch Slapstick und Lacher werden dabei sein. Aber es geht auch emotional sehr tief.“
Zwei Stunden plus Pause begleiten die Zuschauer die Figuren auf ihrer Reise zur Selbstfindung in einer Welt voller Fantasie. „Das Stück soll das innere Kind wecken und die transformierende Kraft der Fantasie für eine bessere Welt zeigen“, wünscht sich Boeden. Dieses Thema spiegelt sich auch in der Ausstattung wider: Märchenhafte Tag- und Nachtwelten mit floralen und animalischen Elementen ziehen sich durch Bühnenbild von Tim Berresheim und die Kostüme von Sarah Antonia Rung.
Und natürlich ist da noch Wolfgang Amadeus Mozarts Musik. Auch die Musik vereint die unterschiedlichen Elemente, ist mal ernster und mal komisch, mal leicht beschwingt, mal schwer. Es gibt Arien, wie die der Königin der Nacht mit ihrer beeindruckenden Gesangkoloraturen, ebenso wie die fast kindlich anmutenden, ohrwurmartigen Melodien des Papageno. Auch hier ist also für jeden was dabei. Ein weiterer Punkt, der sich beim Publikum schon herumgesprochen zu haben scheint. Die 15 geplanten Vorstellungen sind bis auf die Silvestervorstellung alle bereits ausverkauft. Aber Nachfragen an der Theaterkasse lohnt sich immer. \kira wirtz
Musikalische Leitung: Christopher Ward
Regie: Geertje Boeden
Bühne und Video: Tim Berresheim
Kostüme: Sarah Antonia Rung
Choreinstudierung: Jori Klomp
Licht: Manuel Michels
Dramaturgie: Isabelle Becker
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