In unserer Reihe FamilienBande besucht Klenkes-Autor Sebastian Dreher Aachener Familienunternehmen und lässt sich ihre Geschichten erzählen – von Erfolgen, Niederlagen, geheimen Wünschen und ihrem Stellenwert in der Stadt.
„Das Geschäft war und ist für meinen Vater der Lebensinhalt, seit er das Unternehmen von seiner kinderlosen Tante übernommen hat. Dementsprechend war es auch bei uns zu Hause Dauerthema. Mein Vater pflegte – wie ich – in der Mittagspause zum Essen nach Hause zu kommen, so dass wir drei Kinder einiges mitbekamen vom Tagesgeschehen eines Schreibwarenhandels. Wenn etwa eine Lieferung ankam, bin ich zum Abladen mit zum Templergraben gefahren. Ich kann mich noch erinnern, da muss ich so zwölf oder 13 Jahre alt gewesen sein, als einmal zwei Tonnen Graupappen angeliefert wurden, die in den Keller mussten – eine Menge Arbeit, aber ich war auch stolz darauf, mithelfen zu dürfen.
Als ich älter wurde, haben wir Kinder schon eigene Aufgaben übernommen, während unsere Eltern in Urlaub waren. In dieser Zeit habe ich festgestellt, dass es mir leicht fällt, Entscheidungen zu treffen. Heute bin ich froh für das Vertrauen, das meine Eltern uns Kindern entgegen gebracht haben. So konnte ich in die Verantwortung hineinwachsen, die ich jetzt habe.
Mit 15 habe ich zweimal in der Woche nachmittags nach der Schule und samstags im Verkauf gearbeitet: mein beruflicher Start. Mit 18 bin ich schon regelmäßig zu Kunden gefahren. 1987 musste ich zum Bund – und war froh, als die Zeit vorbei war. Zum Glück ist mein Antrag auf vorzeitige Entlassung durchgekommen, unter anderem, weil ich einen BWL-Studienplatz an der RWTH bekommen hatte. Ich wohnte damals direkt über dem Laden am Templergraben. Wenn ich morgens das Haus verlassen wollte, konnte ich mich entscheiden, ob ich links zur Uni gehe oder rechts in den Laden – ich habe mich oft für rechts entschieden.
Als 1989 unser direkter Wettbewerber in die Insolvenz ging, haben wir die Chance zur Expansion ergriffen und die Filiale in Laurensberg eröffnet. Ich erinnere mich noch, dass ich dort am Anfang nur mit Block und Stift auf dem Boden gesessen habe, vor mir das Telefon, über das die Aufträge hereinkamen.
1997 hatte ich einen schweren Motorradunfall und musste eine lange Reha machen. Nach 30 Sitzungen habe ich meine Physiotherapeutin gefragt, ob sie mit mir einen Glühwein trinkt. Mittlerweile sind wir fast 20 Jahre verheiratet und haben drei Kinder. Alle helfen manchmal im Laden mit, doch ob sie mal ins Geschäft einsteigen, weiß ich nicht. Viel wichtiger ist mir, dass sie das Glück und die Begeisterung für ihre Arbeit finden, so wie ich sie gefunden habe.“ \ sd
Frankenne – Filiale Templergraben
Templergraben 48, 52062 Aachen
Tel.: 0241-3013070
Mo-Fr 9.30 Uhr-18.30 Uhr, Sa 10-14 Uhr
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