Von Sebastian Dreher
Wie keine andere Location – mal abgesehen vom Hauptquartier – repräsentiert das Autonome Zentrum (AZ) Aachens Subkultur. Das vermittelt schon die Lage des Veranstaltungsortes im Bunker unter dem ehemaligen Gesundheitsamt.
Im AZ findet sich kein Mainstream, im Gegenteil, das Populäre und Massentaugliche wird ausgeschlossen. Alle Aktionen sind von einem alternativen Grundrauschen geprägt, seien es Konzerte, Vorträge, Theateraufführungen, Lesungen, Graffiti-Workshops oder andere unkommerzielle Projekten mit Platz für „antifaschistische, antisexistische, antihomophobe und linksorienterte Politik“, wie es auf der Homepage des Clubs heißt.
Übernahme durch A&O-Hotelkette?
Doch die Zukunft des AZ ist unklar, denn die Stadt Aachen steht in Verhandlungen mit einem Investor, der IPEM Liegenschaften GmbH. Die IPEM plant für die Hotelkette A&O Hotels and Hostels Holding AG eine Übernahme des ehemaligen Gesundheitsamtes inklusive dem darunter liegenden Bunker.
Bei einer Begehung der Örtlichkeit waren neben Vertretern der Stadt und des Investors auch Vertreter des AZ anwesend. Dem KLENKES gegenüber erklärt AZ-Mitglied Jennifer Farber die Ergebnisse des Treffens folgendermaßen: „Der Investor hat eine Halbierung der bisher von uns genutzten Fläche auf rund 400 Quadratmeter vorgeschlagen – bei einer Beibehaltung der symbolischen Gesamtmiete von einem Euro im Monat. Wir konnten uns in diesem Moment nicht verbindlich zu dem Vorschlag äußern, weil wir uns erst basisdemokratisch mit dem Rest unseres Vereins absprechen mussten.“
„Unter diesen Umständen müssten wir dichtmachen“
Die an die Hotelkette abgetretene Hälfte solle als Frühstücksraum genutzt werden. Frühstück unter der Erde? In einem Raum ohne Fenster, der auch im Sommer beheizt werden muss? Beim AZ kamen Zweifel auf. Man entschied sich für die Offensive und fragte direkt bei der Hotelkette nach.
Von dem A&O-Vorstandsvorsitzenden Oliver Winter bekamen sie per Mail eine beunruhigende Antwort. „Laut deren Planung sollten wir pro Quadratmeter sechs Euro Kaltmiete im Monat zahlen, bei einer Reduktion der Fläche auf 200 Quadratmeter“, sagt Farber. „Dazu kämen noch die Nebenkosten. Unter diesen Umständen müssten wir dichtmachen.“
Privater Vertrag = Vorteil für AZ?
Plötzlich stehen unterschiedliche Aussagen im Raum. Kristof Heil von der IPEM kann die Aussage des A&O-Managers nicht bestätigen. „Wir verhandeln über circa 50 Prozent der Fläche zu einer symbolischen Miete, außerdem haben wir noch einen Zuschuss angeboten“, teilte er auf KLENKES-Anfrage schriftlich mit.
A&O hat sich bis Redaktionsschluss nicht zu den Unklarheiten geäußert. Auch Axel Costard vom Aachener Presseamt weiß nichts über geänderte Bedingungen, sieht momentan aber keinen Grund für voreilige Schlüsse. „Dem Investor ist das Objekt für eine ‘Ideenfindung’ an die Hand gegeben. Entschieden ist in der Sache noch nichts.“
Insgesamt bewertet er das ursprüngliche, bei der Begehung beschriebene Angebot aber als positiv, gerade in Hinsicht eines langfristiges Nutzungsrecht. „Der momentan gültige Vertrag mit der Stadt Aachen sieht ein relativ kurzfristiges Kündigungsrecht vor. Ein privater Vertrag könnte für das AZ von Vorteil sein.“
Weitere Gespräche im August
Das AZ sieht jedoch vor allem darin die Krux. „Aus einem privaten Vertrag kann man ruckzuck rausgedrängt werden“, sagt Farber. „Nach drei Abmahnung wegen zu lauter Musik etwa.“ Zwar sei das AZ der einzige Aachener Club ohne Contra-Bürgerinitiative wegen Lautstärkeüberschreitung, doch bei einem Live-Club müsse man mit so etwas immer rechnen.
Das AZ fürchtet bei Schließung oder Verlegung neben dem Verlust des lieb gewonnenen Standorts vor allem den Verlust der 35.000 Euro Investitionen, die in den letzten zehn Jahren getätigt worden sind.
„Wir haben alleine für 7.000 Euro ein aufwändiges Sicherheitssystem installieren müssen“, sagt Farber. „Auf Geheiß der Stadt wohlgemerkt.“ Beim AZ ist man in Alarmbereitschaft, auch wenn noch nichts Definitives entschieden ist und noch Gesprächsbedarf besteht. Die IPEM hat am 10. August zu einem nächsten Treffen eingeladen – da wird man weitersehen. ///
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