Von Belinda Petri
Dass bei der großen Geburtstagssause am 6. Januar der Platz im Domkeller unmöglich ausreichen würde, um alle Gratulanten und Feierwütigen aufzunehmen, war klar – und so feierten die Menschen einfach draußen auf dem Hof, friedlich, fröhlich und harmonisch.
Eine Woche später sind Sandra Salagoudi, Milos Sous und Georgios Markakos gerade dabei, das nächste Montagskonzert vorzubereiten und die Karnevalsdeko aufzuhängen. Ruhephasen gibt es kaum in der Aachener Kultkneipe – und doch ist alles total entspannt. Besonders im Sommer, wenn die Sitzplätze auf der leicht abschüssigen Terrasse bei Öchern und Touris hoch im Kurs stehen und die Wartenden ihr erstes Bier schon im Stehen trinken, bleiben die Jungs und Mädels im Service cool und gelassen.
Jede Bestellung wird zügig aufgenommen, Tabletts voller Biergläser routiniert balanciert – wer hier kellnert braucht kein Fitness-Studio.
Milos Sous lächelt bei der Erinnerung an die Geburtstagsparty, bei der sechs Bands auftraten und der Laden schlichtweg aus allen Nähten platzte. „Es war ein sehr schönes Fest“, sagt er. „Alle waren total lieb und friedlich.“
Schnelldurchlauf
40 Jahre sind eine lange Zeit, darüber könnte man Bücher schreiben, nicht knapp bemessene Artikel, deshalb hier ein historischer Schnelldurchlauf: Auf Bildern der 1970er Jahren haben die Kellner genau so lange Haare und Bärte wie die meist studentische Klientel, Politiker, Künstler, Studenten trafen sich hier zum Diskutieren – und Feiern natürlich.
Ein Foto von 1988 zeigt Michael Salagoudis zwischen feiernden jungen Leuten, die auf den Tischen tanzen. Der Patron war immer mittendrin! Auch im Steuerskandal, der die Aachener Gastroszene wie ein Erdbeben durchrüttelte. Aber die Familie Salagoudis machte weiter, Michael Salagoudis kehrte in den Domkeller zurück, bis er an Krebs erkrankte und 2008 verstarb. Sandra Salagoudi, die Tochter von Hilde und Michael Salagoudis, ihr Mann Milos Sous und Georgios Markakos, der bereits als Kellner von Anfang an dabei war, übernahmen den Domkeller vor rund zehn Jahren.
Erfolgsrezept
„Mit einer solchen Institution muss man natürlich sorgsam umgehen“, sagt Milos Sous, denn nicht nur beim Denkmalschutz gibt das Bauwerk aus dem Jahr 1658 die Regeln vor, auch die Gäste lieben den Domkeller so wie er ist, mit all seinen Ecken und Kanten. Das erkennt man nicht nur an den verschiedenen Thekendevotionalien, sondern auch an diversen Kunstwerken am Treppenaufgang, die die markante Fehlstelle im Putz dokumentieren. Die Kunst gehört zum Domkeller wie die Wandzeichnung von Hacki Ritzerfeld, um die seit Jahren einfach herum gestrichen wird. In den 1990er Jahren kam die Galerie S. im Nachbargebäude hinzu: „Mein kleines Paradies“, wie Michael Salagoudis den Kunstraum nannte, in dem zuvor der Designer Asghar Adami außergewöhnliche Mode verkaufte.
Dass man sich auf so engem Raum wie am Hof mit den Nachbarn verstehen muss, ist ernorm wichtig, man kennt sich und arbeitet zusammen, zum Beispiel bei den Hof-Konzerten (die 2018 leider nicht stattfinden) oder einfach indem das Essen aus dem Living Room nebenan oder von Luigi um die Ecke auf der Terrasse gegessen werden kann. Der Domkeller ist eine echte Institution in Aachen, fast jeder weiß eine persönliche Geschichte zu erzählen, war in jungen Jahren auf wilden Feten dabei oder kommt auch heute noch samstags nach dem Marktbesuch auf einen Milchkaffee vorbei.
Auf den rustikalen Tischen haben sich ganze Generationen von Studenten verewigt, irgendwo finden sich wahrscheinlich auch noch meine Initialen in einem Herzchen und erinnern an eine längst verblasste Jugendliebe. Das Erfolgsrezept? Freundliche und pfiffige Kellnerinnen und Kellner, leckerer Plum’s Kaffee und die große Auswahl an Spezialbieren aus Belgien und den Niederlanden, zum Beispiel Leffe, Kwak, Chimay, Duvel oder Grolsch, dazu die Montagskonzerte ohne Eintritt und natürlich die coolste Terrasse in Aachen. \
Hilfe erbeten!
Gerade wird gesammelt. Aber keine Spenden, sondern wertvollles Bildmaterial. Falls also noch jemand Fotos aus dem ehemaligen Diskokeller hat, bitte bei Sandra Salagoudis, Milos Sous oder Georgios Markakos melden. Für das Domkeller-Archiv wird noch Bildmaterial der letzten 40 Jahre gesucht. \
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