„Es geht um das Ankommen in Deutschland, um das Leben hier, um andere Blickwinkel und natürlich auch um Diskussionen“, erklärt Walter Köth, Leiter der Nadelfabrik, das Konzept. So haben auch alle fünf Autoren der diesjährigen Ausgabe der „Literaturtage“ einen Migrationshintergrund, schreiben und lesen jedoch auf Deutsch. „So zeigen wir neue Pers-pektiven auf.“
Dabei wird auf das Format nicht erst seit drei Jahren gesetzt: Bereits 1979 erschien die erste Anthologie mit dem Titel „Wir sind fremd. Wir gehen fremd“ von Suleman Taufiq im Klenkes Verlag als Buch.
Darauf folgten die ersten Lesungen im benachbarten Kennedypark. Nach einer gemeinsamen Lesung vor einigen Jahren beschloss Walter Köth gemeinsam mit Suleman Taufiq, deutsch-syrischer Schriftsteller und Publizist aus Aachen, das Format, welches in dieser Form selten und in Aachen sogar einzigartig ist, wieder aufleben zu lassen. Und wo wäre es besser aufgehoben als in der Nadelfabrik? Schließlich ist sie das Haus der Identität und Integration.
„Alle Lesungen der kommenden Wochen sind wirklich gut, ich freue mich auf jede Einzelne“, erzählt Walter Köth. Unterstützt werden die beiden Organisatoren von der Buchhandlung Backhaus. Während der Lesungen können die Werke der Autoren auch erworben werden. Wer mag, kann sie sich signieren lassen.
Gleich – und doch neu
Auch wenn das Konzept gleich bleibt – eine Neuerung gibt es in diesem Jahr: Das Ensemble Anlatan nimmt die Besucher mit ihrem Stück „Klang ohne Grenzen“ mit auf eine Weltreise. Das Ensemble begleitet die Lesung von Suleman Taufiq am 27. April musikalisch. Lyrik und Musik gehören für Suleman Taufiq und Walter Köth einfach zusammen. Für sie steht bereits fest, dass Musik auch in Zukunft einen Platz in der Reihe bekommen soll. „Musik berührt die Menschen auf einer anderen Ebene, trifft aber den gleichen Nerv“, erzählt Walter Köth.
Bereits am 26. April beginnen die „Literaturtage“ jedoch schon mit der Lesung von Amir Shaheen. Der ehemalige Journalist und Autor wurde 1966 als Sohn eines arabischen Vaters und einer deutschen Mutter in Lüdenscheid geboren. Seit 1989 erschienen zahlreiche -Lyrik- und Prosabände von ihm und er ist (Mit-)Herausgeber zweier Anthropologien.
José F. A. Oliver liest am 3. Mai Gedichte aus seiner jüngsten Publikation: „wundgewähr“. Er ist im Schwarzwald geboren, hat aber andalusische Wurzeln. Oliver lebt als freier Schriftsteller in seiner Heimatstadt Hausach und ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Des Weiteren ist er Kurator des von ihm initiierten Literaturfestivals „Hausacher LeseLenz“.
Zusammengehörigkeit
Einen Einblick in ihre Ankunft in Deutschland nach dem Zerfall der Sowjetunion gibt Anna Galinka am 9. Mai. In ihrem Roman „Das neue Leben“ schildert sie schonungslos ehrlich, aber niemals klagend, sondern immer mit einer guten Portion Humor, welche Hürden und Schwierigkeiten ihre Figuren bei ihrer Ankunft in Deutschland meistern müssen. Anna Galkina ist auch Autorin mehrerer Kunstbücher und lebt heute in Bonn.
Die letzte Lesung findet am 17. Mai statt. Hier erwartet die Besucher der 1964 in Ost-Berlin geborene Sherko Fatah. Sein Vater ist irakischer Kurde, seine Mutter Deutsche. Fatah wuchs in der DDR auf, siedelte jedoch 1975 mit seiner Familie über Wien nach West-Berlin über. Auch er wurde bereits mit einigen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem „Großen Kunstpreis Berlin“ der Akademie der Künste und dem Adelbert-von—Chamisso-Preis. Für den Preis der Leipziger Buchmesse war er mehrfach nominiert und sein Werk „Das dunkle Schiff“ wurde 2008 auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises gewählt.
Die Lesungen fangen jeweils um 19 Uhr an und sind kostenlos. Köth und Taufiq ist es wichtig, dass jeder, der Lust hat, kommen kann, sich die interessanten Geschichten anhört und später auch mitdiskutiert. Neben den Lesungen wird es auch ein Catering geben – denn ein Glas Rotwein gehört für die beiden einfach zu guter Literatur dazu. \ jah
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