Im Januar 2011 war Janne Teller, Dänin mit österreichisch-deutschen Wurzeln und Wohnsitz in New York, auf Einladung des Philosophischen Instituts Logoi schon einmal in Aachen. Am 21. März nun wieder, diesmal im Rathaus. Im Gepäck hatte sie eine tickende Bombe, ihren 2010 im Hanser Verlag erschienenen Roman „Nichts – Was im Leben wichtig ist“, der sich alleine in Deutschland 200.000 mal verkaufte. Ein Jugendbuch, annonciert ab 14 Jahren, das es in sich hat. In einer vollen Aula Carolina versammelte sich damals ein Publikum aus Pädagogen, Sozialberuflern, Psychologen und vielen Eltern, die schockiert Antworten suchten ob der Wucht, die die spielende Handlung des Romans unter Jugendlichen einer Schulklasse auf kurzen 139, aber umso mehr präziser ausformulierten Seiten beschrieb. Junge Menschen, die die existentiellen Fragen in Bezug auf Individuum und Gesellschaft so ganz anders verhandelten („Nichts bedeutete irgendwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendwas zu tun“, so die nilhilistische Erkenntnis des erst dreizehnjährigen Schülers Pierre-Anthon) und zum Schluß die pure Gewalt eskalieren lassen.
Die vier wichtigen Bücher Janne Tellers – „Nichts …“, „Komm“, „Krieg“ und „Alles – Worum es geht“ – zeichnet mehrerlei aus. Zum einen, dass ihre Veröffentlichungen im Genre Jugendliteratur subsumiert wird und eine maximale Seitenzahl von einhundertsechzig ihre Bücher kurz und knackig hält. „Krieg“ – die philosophisch gedeutete Umkehrung der Flüchtlingstragödie – aus einem faschistischen Europa geflohen in ein ägyptisches Flüchtlingslager, das Arbeitsverbot, die fehlende Aufenthaltsgenehmigung, das Außenseitertum – schafft es sogar auf kurze 64 Seiten. Zum anderen ihr Stil. Tellers Handlungstränge unterliegen einer knappen Syntax, mit einem psychologisch geschärften Blick treibt sie die Entwicklung ihrer unterschiedlichen Sujets, die stets an Schärfe zulegen, voran, auch wenn es zum Beispiel um die Frage geht, ob es eine Grenze zwischen Kunst und Moral gibt, ob ein Menschenschicksal für die Kunst benutzt werden darf („Komm“, 2012, Hanser Verlag).
Wiedersehen nach acht Jahren
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von Logoi hat der Philosoph und Institutsgründer Jürgen Kippenhan Janne Teller zu einem Gesprächsabend in den Krönungssaal des Aachener Rathauses eingeladen. Der aktuellen Themen sind den Beiden genügend gegeben. Das Gespräch soll sich um Tellers vier wichtige Romanwerke, ebenso schrieb sie Essays und Texte („Europa – Alles was dir fehlt“) und stellt auch hiermit den europäischen Kontext im Jahr der Europawahl mit in den thematischen Gesprächsreigen des Abends. Die Veränderung der Welt hat auch zu einer Veränderung der individuell gefühlten Wirklichkeit geführt. Was wäre passiert, wenn die Jugendlichen aus „Nichts“ bereits aktiv in den Social Media-Foren unterwegs gewesen wären? Fragen und Themen, die einen spannenden Abend versprechen. \ rm
21.3.
„Alles – worum es geht“
Lesung und Gespräch mit Janne Teller und Jürgen Kippenhan
19.30 Uhr, Krönungssaal, Rathaus
KlenkesTicket im Kapuziner Karree
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