Zuerst die allerneueste Neuerung am Theater Aachen. Neben Schauspiel und Oper gibt es visuelle Kunst in den Räumen des Theater Aachen, die auch käuflich erworben werden kann. Wer schon einmal einen Blick auf die Kunstwerke werfen möchte, besorgt sich entweder ein Spielzeitheft – das auch in diesem Jahr wirklich schön und wieder einmal gänzlich anders als bisher geworden ist – oder geht ganz einfach am Theater vorbei und schaut sich die Bilder in der ersten Etage selber an.
Auch sie kreisen um das Spielzeitmotto: Helden, Heldinnen und HeldInnen. Davon wird es im kommenden Jahr einige auf der Bühne geben. Egal, ob aus Schillers oder Bowies Zeiten. Intendant Michael Schmitz-Aufterbeck erinnert zu Recht daran, was Theater ist, war oder sein will. „Theater war schon immer eine Auseinandersetzung mit der Zeit, dem Menschsein der derzeitigen Gesellschaft, in der es geschrieben wurde.“ Und so kommt es auch beim Heldenbild immer darauf an, wie man es einzuordnen hat oder wie man es einordnen will.
Ist der junge Werther mit seinem Narzissmus ein echter Held oder eher Sweeny Todd, der sich singend seine Welt zurecht schneidet? Ist es Mogli, der im Dschungel seine eigene Welt findet oder die Jungfrau von Orleans, die zu ihrer Zeit stärker war als sämtliche Männer oder gar die Kirche? Und wer sagt, dass Helden immer muskelbepackte Männer mit wahnsinnigen Superkräften sein müssen, in einer Zeit, in der ein junges Mädchen tausende von Schülern auf die Straße führt, um für eine konsequente Klimapolitik zu demonstrieren? Held kann jeder oder jede sein. Und wo es gerade um die Frauenquote geht: Das Theater Aachen widersetzt sich sämtlichen – man sollte sie rückständig nennen – Normen und lässt Frauen Regie führen, dirigieren und wichtige Rollen spielen.
Inge Zeppenfeld – schauspielerische Leiterin am Theater Aachen – fragt zurecht: „Warum ist es wichtig, dass Mogli ein Junge ist?“ Könnte nicht ein Mädchen genau die selbe Geschichte erleben? Und warum müssen wir überhaupt darüber sprechen, ob Mogli ein Junge oder Mädchen ist? Kommt es nicht auf die Geschichte an, die ein junger Mensch erlebt? Generalmusikdirektor Christopher Ward legt noch einen oben drauf: „Es wird in diesem Jahr das erste Mal einen weiblichen ersten Kapellmeister geben. Und bei der Entscheidung für Yura Yang aus Korea ging es nicht ums Geschlecht, sondern ums Können.“ So sollte es ein.
Ansonsten freut man sich am Theater Aachen auf ein gesangsstarkes Ensemble, bei dem es keinerlei Verluste für die neue Spielzeit zu verkünden gibt, altbekannte Gäste und jede Menge Projekte, bei denen die Besucher aktiv einbezogen werden. Das Theater Aachen zeigt sich also in der nächsten Spielzeit von allen Seiten her heldenhaft. \ kw
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