Wie oft darf ich meinen Mann besuchen, wenn er in Haft ist und wie soll ich ohne ihn die Wohnung finanzieren? Gibt es die Möglichkeit eine drohende Inhaftierung in Sozialstunden umzuwandeln? Wo soll ich nach meiner Entlassung wohnen? Solche und viele andere Fragen werden den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Arbeitskreis Neustart regelmäßig gestellt, 2018 gab es über zweitausend Kontakte und Anfragen. Der ABK Neustart hilft Menschen, die aufgrund ihrer Suchtabhängigkeit oder aus anderen Gründen straffällig wurden. Die zentrale Aufgabe besteht darin, ihnen wieder die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in sozialer Verantwortung zu ermöglichen.
Täterarbeit ist immer auch Opferhilfe.
Dabei bedeutet die Arbeit mit Haftentlassenen, von Haft bedrohten und suchtkranken Menschen nicht nur Täterarbeit, sondern immer auch Opferhilfe und die Unterstützung von Angehörigen. So wird beispielsweise auch die psychosoziale Begleitung von Kriminalitätsopfern oder die Prozessbegleitung vor Gericht angeboten, in der Justizvollzugsanstalt selbst gibt es Gruppen zum Thema Suchtprophylaxe oder Schuldenprävention, Integrationskurse für Gefangene mit Migrationshintergrund und eine Sprechstunde zur Entlassungsvorbereitung.
Das alles wäre nicht möglich ohne die rund hundert ehrenamtlichen Mitarbeiter, die für den ABK Neustart im Einsatz sind. Sie leisten Vorstandsarbeit, sind Vereinsmitglied und beteiligen sich an politischen Veranstaltungen oder Öffentlichkeitsaktionen. Sie sind in Gesprächs- und Kontaktgruppen, bei Briefkontakten, Einzelbetreuungen oder in der Alphabetisierung Haftentlassener tätig. Es sind etwas mehr Frauen als Männer, manche sind schon seit über zwanzig Jahren dabei, als es noch die „Straffälligenhilfe Aachen gGmbH“ gab. Die musste Ende 2017 ihre Arbeit einstellen und Insolvenz anmelden, im Januar 2018 wurde dann die ABK Neustart gGmbH gegründet.
Dringend gesucht: Wohnraum für Haftentlassene
Die Aufgaben sind die gleichen geblieben, aber viele Probleme haben sich inzwischen verschärft, vor allem Wohnraum fehlt. „Die Wohnungssuche wird immer schwieriger, das klappt oft nur noch über persönliche Kontakte“, so Fachbereichsleiter Martin Czarnojan. Zwar hat der Arbeitskreis zwanzig Wohnungen zum Übergang angemietet, die reichen aber längst nicht aus, viele Haftentlassene landen im Obdachlosenheim, was wiederum die Wiedereingliederung in das Leben nach der Haft deutlich schwieriger macht.
Im Herbst startet der neue Schulungskurs
Wer Interesse hat, sich beim ABK Neustart unentgeltlich zu engagieren wird natürlich gründlich eingearbeitet und vorbereitet. Catrin Brust kümmert sich seit sechzehn Jahren um die Ehrenamtler. Die Sozialarbeiterin leitet auch die Schulungskurse, die ab sieben Teilnehmern veranstaltet werden – der nächste übrigens in diesem Herbst. Voraussetzung für die Mitarbeit ist, dass man selbst nicht vorbestraft oder hoch verschuldet ist, keine Vorurteile, dafür aber Lebenserfahrung hat und sich aus den richtigen Motiven heraus bewirbt. „Bei uns wollte mal eine Frau mitarbeiten, deren Mann in Haft war,“ erzählt Catrin Brust, „sie hat sich erhofft, ihn auf diesem Weg öfter besuchen zu können, das hat natürlich nicht geklappt.“ \ sis
Website Straffälligenhilfe in Aachen
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