Der Schriftsteller Friedrich Ani kann nicht nur Kriminalromane. Er ist vielseitiger unterwegs, schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele, Drehbücher und Theaterstücke.
Wer mit seinen Kriminalromanen etwas vertraut ist, dürfte sich beim neuen Krimi „All die unbewohnten Zimmer“ ungläubig die Augen gerieben haben. Denn in diesem Roman gibt es nicht nur zwei verschiedene Fälle, die zu verfolgen sind, und nicht unmittelbar miteinander zu tun haben, sondern es ermitteln hier auch direkt drei seiner kriminalistischen Roman-Protagonisten: Tabor Süden, Jakob Franck und Polonius Fischer. Hinzu kommt die interessante Figur und Erzählstimme von Fariza Nasri, eine bayerische Kriminalkommissarin mit syrischen Wurzeln, die sich in diesem Buch nach einer Strafversetzung wieder in die erste Reihe kämpfen muss.
Ani widmet sich im Haupterzählstrang der Ermordung eines jungen Streifenpolizisten am Rande einer Demo rechtsgerichteter Bürger in der Münchner Innenstadt. Nach der üblichen Spurensuche passt für das ermittelnde Kommissariat nichts zusammen. Wenige Spuren und Indizien führen ins Nichts. Der Druck der Medien und einer die sozialen Medien abfeuernden Öffentlichkeit wächst. Von der Existenz von zwei traumatisierten syrischen Flüchtlingskindern, die mit ihrem Vater in Deutschland Bleiberecht genießen, weiß die Polizei ebenso wenig, wie auch der sich zur Tat bekennende Verdächtige, dessen DNA-Spuren zweifelsfrei auf der Tatwaffe zu finden waren, sich irgendwann selbst stellt. Allen Beamten wohnt eine zweifelnde, ja fast verzweifelte Identität inne, die letztlich auch das Erzähltempo des Kriminalromans ausmacht. Es wird weniger gefragt und gesprochen, als gegrübelt und genau beobachtet. Dass „All die unbewohnten Zimmer“ auch die gesellschaftlichen Veränderungen hin zu einer größeren menschlichen Kälte literarisch bemisst, wird durch die psychischen Defizite von Tätern, Verdächtigen und eben den Ermittlern gut verdeutlicht. Ein komplexes Tableau, in dem die Männer zwar die Handlung bestimmen, aber ein verheerendes Bild abgeben. \ rm
Friedrich Ani liest am 6.11. um 20 Uhr in der Klangbrücke in Alten Kurhaus.
Friedrich Ani: „All die unbewohnten Zimmer“
Suhrkamp Verlag,
494 Seiten,
2 Euro
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