Herr Frankenberger, Mietpreise in Aachen sind derzeit ein großes Thema. Wie sieht die aktuelle Mietpreisentwicklung aus?
Man kann schon sagen, dass sich die Mietpreise ins Negative entwickelt haben. 17 Prozent der Aachener Wohnungen sind heute noch für unter sieben Euro pro Quadratmeter zu haben und 26 Prozent der Wohnungen für über zehn Euro pro Quadratmeter. Im Jahr 2014 sah die Situation noch ganz anders aus. 36 Prozent des Wohnungsbestandes wurde für unter sieben Euro pro Quadratmeter vermietet und zwölf Prozent der Wohnungen über zehn Euro, jetzt sind es 26 Prozent. Es hat sich also mehr als verdoppelt. Mit anderen Worten, der Wohnungsmarkt ist knapp, aber besonders knapp ist das Unterpreissegment, die „bezahlbare Wohnung“.
Und wie sind die Mietpreise geografisch einzuordnen?
Der komplette Innenstadtbereich ist bis auf wenige Ausnahmen im Preissegment über zehn Euro pro Quadratmeter einzuordnen. Man könnte dies auch als Gentrifizierung bezeichnen. Das heißt, wir verdrängen eigentlich die Leute mit einem unteren bis mittleren Einkommen aus dem Innenstadtbereich. Das ist eine ganz zentrale Aussage, die auch im aktuellen Wohnungsmarktbericht deutlich hervorgehoben wird. Die einzigen beiden Wohnlagen, die relativ zentrumsnah und günstig sind, sind ganz klar der Driescher Hof und die Gegend am Preuswald. Das sind genau diese 17 Prozent über die wir hier noch reden. Aber was wir als „Stadt Aachen“ bezeichnen, da gibt’s überhaupt nichts mehr. Das ist einer der vielen Gründe, warum der Wohnungsmarkt so angespannt ist.
Gibt’s weitere Gründe für die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt?
Zum Beispiel der Leerstand. Wir brauchen auf dem Wohnungsmarkt einen dreiprozentigen Leerstand, damit überhaupt Umzüge möglich sind. In dem Moment wo sie oder ich umziehen, brauchen wir eigentlich eine leere Wohnung, damit diese neu bezogen werden kann. Wir liegen im Jahr 2017/2018 bei einem 1,7 prozentigen Wohnungsleerstand. Das heißt, es gibt überhaupt keine Wohnungen mehr, in die sie einziehen können, weil alle belegt sind.
Wie sieht’s mit öffentlich geförderten Wohnungen aus? Könnten diese nicht die Wohnungssituation in Aachen entschärfen?
Da kommen wir direkt zu der nächsten problematischen Wohnungsmarktentwicklung. Wir können nur jedem dritten Bürger, der bei uns vorspricht – der eine Wohnung im öffentlich geförderten Wohnungsbau sucht – auch tatsächlich eine Wohnung vermitteln, weil wir nur noch ungefähr 10.000 Wohnungen im öffentlich geförderten Bereich haben. Heißt, der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen ist viel zu klein.
Wie viele öffentlich geförderte Wohnungen bräuchte Aachen eigentlich?
Da streiten sich die Geister. In Aachen fehlen insgesamt Wohnungen, nicht nur öffentlich geförderte. Doch ich sag mal so, wenn wir wenigstens 25.000 bis 30.000 Wohnungen – diese Zahl ist auch noch utopisch – öffentlich fördern könnten, hätten wir mit Sicherheit eine wesentlich entspanntere Situation im unteren Wohnungsmarktsegment.
Stichwort „entspannte Situation“. Gibt’s auch positive Entwicklungen, die den aktuellen Wohnungsmarkt betreffen?
Wir haben in den letzten drei bis fünf Jahren um die 700 bis 800 Fertigstellungen von neuen Wohnungen. Das ist relativ viel. Wir haben eine hohe Bauaktivität, das ist eine gute Aussage. Das liegt aber auch einfach an der Situation am Kapitalmarkt. Die Zinsen sind niedrig und die Leute wollen in Beton investieren. Das ist gut für uns, weil dadurch auf dem Wohnungsmarkt viel passiert. Was wir aber steuern müssen ist, dass es das richtige Segment ist. Es dürfen nämlich eben nicht nur hochpreisige Wohnungen geschaffen werden. Und das versuchen wir als Stadt Aachen, zum Beispiel mit verschiedenen Grundsatzbeschlüssen zu steuern.
Wie will die Stadt Aachen die Herausforderungen sonst noch meistern?
Wir wollen und müssen intelligente Stadtentwicklung betreiben. Da arbeite ich mit dem Planungsdezernat zusammen. Ich sehe und melde die Bedarfe, doch hinterher ist es den Stadtplanern überlassen, kreativ zu denken und Wohnraum zu schaffen. Klar ist nämlich, dass Aachen Fläche fehlt. „Die grüne Wiese“ auf der gebaut werden kann, die gibt es nicht mehr. Kreativität ist gefragt: Wir müssen Flächen revitalisieren, zum Beispiel Industriebrachen. Flächen zwischen Häusern nutzen und auch im Innenstadtbereich könnte man mutig Etagen auf Bestandsgebäude setzen. Es gibt viel zu tun. Doch wir gehen es an. \
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