Der Weg vom Fahrradständer über den Schulhof hin zum Klassenraum ist für Elias (Markus Rygaard) die tägliche Hölle. Eine Bande von Mitschülern fängt ihn regelmäßig ab, schubst und schlägt ihn, wohl wissend, dass der introvertierte Junge sich nicht wehren wird. Aber dann kommt Christian (William Jøhnk Nielsen) an die Schule, schlägt einen Angreifer brutal mit der Luftpumpe zusammen und droht sogar mit einem Messer. Der kurze Ausbruch heftiger Gewalt ist der Anfang einer Freundschaft mit fatalen Konsequenzen. Elias ist froh über den neuen Freund, denn zu Hause bricht gerade der familiäre Halt auseinander. Die Eltern haben sich getrennt. Elias’ Vater Anton (Mikael Persbrandt) ist oft für Monate außer Landes und arbeitet als Arzt in einem afrikanischen Bürgerkriegsland. Anton ist überzeugter Pazifist, gerät aber auch an die Grenzen seiner Friedfertigkeit, als ein Warlord, der für zahlreiche bestialische Massaker verantwortlich ist, um ärztliche Versorgung bittet.
Hoch differenziert erforschen Regisseurin Susanne Bier („Nach der Hochzeit“) und ihr langjähriger Drehbuchautor Anders Thomas Jensen die Ursachen, Selbstlaufmechanismen und Folgen von gewalttätigem Handeln. Ausgehend von der emotionalen Gemengelage der Vorpubertät, erweitert „In einer besseren Welt“ den vorurteilsfreien Blick auf die Generation der Väter und findet sogar den Weg in ein afrikanisches Bürgerkriegsland, in dem sich männliche Machtfantasien brachial entladen. Mit einer erstklassigen Schauspielerriege und in atemberaubend klaren, sinnlichen Bildern untersucht Bier die Mechanismen der Gewalt auf dem Schulhof, im familiären Alltag und in kriegerischen Auseinandersetzungen, zeigt die persönliche Fragilität, aber auch die Monstrosität der Täter und entwickelt in der dynamisch erzählten Geschichte eine dramatische Wucht und analytische Schärfe, wie man sie nur höchst selten zusammen in einem Film erlebt. So kann, so soll Kino sein: intelligent, spannend und aufrichtig interessiert am Zustand der Welt.
Martin Schwickertk
DK/S 2010 // R: Susanne Bier // Start: 17.3.
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