Mit seinem neuen Film erzählt er, basierend auf dem Sachbuch „Vesper, Ensslin, Baader – Urszenen des deutschen Terrorismus“ von Gerd Koenen, die Liebesgeschichte zwischen dem jungen Bernward Vesper (August Diehl) und Gudrun Ensslin (Lena Lauzemis), die sich Anfang der 1960er beim Studium in Tübingen kennenlernen. Der Sohn eines NS-Schriftstellers und die Pfarrerstochter schwören sich bedingungslose Liebe. Zugleich rebellieren beide gegen die verkrusteten Verhältnisse in Elternhaus und Gesellschaft. Das Paar zieht nach Berlin, bekommt ein Kind. Dann tritt mit Andreas Baader (Alexander Fehling) ein neuer Mann ins Leben von Ensslin. Sie geraten in den Sog des politischen Aufbruchs – Baader und Ensslin katapultieren sich in den Untergrund.
Noch so ein Terroristen-Drama um die RAF? Keineswegs. Veiel verzichtet bewusst auf die sattsam bekannten Bilderschleifen zum Thema und setzt auf eine psychologische Versuchsanordnung: Eine rigorose Liebesgeschichte vor politisch aufgeladener Kulisse. Sein 68er-Zeitgeist-Puzzle konstruiert er als cleveres Kaleidoskop. Den politischen Rahmen bilden Wochenschau-Aufnahmen: Atombomben-Versuche, Napalm-Bomben, Mauerbau – satirisch unterlegt mit Popsongs von „Stand By Me“ bis „Keep On Running“. Im Privaten wird gegen autoritäre Eltern rebelliert oder nach neuen Wegen der freien Liebe gesucht. Zwischen Frauenheld Vesper und Macho Baader entwickelt sich Ensslin zunehmend zum emotionalen Wrack, die das eigene Kind aufgibt. Veiel zeichnet seine Porträts mit psychologischer Präzision sowie großer Liebe zum Detail. So entsteht ein atmosphärisch dichtes, packendes Polit-Panorama über die Ursprünge bundesdeutscher Rebellion sowie den Aufbruch einer Generation.
Dieter Oßwald
D 2011 // R: Andres Veiel // Start: 10.3.
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