Vor knapp einem Jahr war Jake Gyllenhaal in „Nightcrawler“ als spindel-dürrer Arbeitsloser, der sich zum skrupellosen TV-Journalisten hocharbeitet, zu sehen. Nun steht er in Antoine Fuquas „Southpaw“ als Preisboxer im Ring und man erkennt seinen Körper kaum wieder.
Kein durchgestylter Bodybuilderbody, sondern ein durch hartes Training geschundener, fast schon deformierter Leib. Sein Billy Hope ist ein Boxer, der im Ring immer aufs Ganze geht. Mit jedem Hieb, den er einsteckt, wächst in ihm die Wut, die er braucht, um den Gegner in einer finalen Attacke k.o. zu schlagen.
Tödliche Schüsse
So hat Billy einen Titel nach dem anderen errungen und so kann es nicht weitergehen – meint seine Frau Maureen (Rachel McAdams). Aber bevor eine Entscheidung getroffen werden kann, kommt es zur Tragödie: In einem Handgemenge löst sich ein Schuss, der Maureen tödlich trifft. Billys Versuch, den Tod seiner Frau zu rächen, endet mit der Sperrung der Boxerlizenz, einer Bewährungsstrafe, dem finanziellen Ruin und dem Sorgerechtsentzug für seine Tochter.
Es ist ein interessanter Schachzug, dass nicht der langsame Aufstieg, sondern der rasante Abstieg aus dem Boxer-Olymp an den Anfang der Erzählung gesetzt wird. Aus -seiner Millionärs-Villa landet Billy innerhalb weniger Filmminuten direkt auf der Straße und spiegelt damit auch die existenziellen Ängste des Wirtschaftskrisenamerikas.
Freier Fall
Als Putzer fängt er in der Halle des Amateur-Boxtrainers Tick Wills (Forest Whitaker) an, der den aggressiven Ex-Champion nur wider-willig unter seine Fittiche nimmt und ihm eine ganz andere, defensive und effiziente Kampftechnik beibringt.
Die Geschichte vom freien Fall und besonnenen Wiederaufstieg des Boxers erzählt Fuqua („Training Day“) im traditionellen Genreverfahren, selbst wenn hier nicht nur der sportliche Erfolg, sondern auch die psychologische Katharsis im Vordergrund steht. Kameramann Mauro Fiore („Avatar“) gelingen atmosphärisch dichte Kampfszenen, die auch vom Publikum einiges an Nehmerqualitäten verlangen.
Ursprünglich hätte Marshall Mathers alias Eminem die Hauptrolle spielen sollen – er und sein Team gaben Kurt Sutter („Sons of Anarchy“) den Auftrag, Drehbuch und Produktion von „Southpaw“ zu übernehmen. Am Ende entschied der Rapper sich aber dann doch für die Arbeit an einem neuen Album. Stattdessen wirft sich nun Jake Gyllenhaal auch jenseits seiner körperlichen Metamorphose mit Verve in die Rolle des Machoboxers, der sein maskulines Selbstbild neu definieren muss. \ Martin Schwickert
Start: 20.8.
Bewertung der redaktion
WEITEREMPFEHLEN