Die inszenatorische Bandbreite eines Ausnahmetalents hat Spaniens international erfolgreichster und populärster Filmemacher Pedro Almodóvar schon mehrfach unter Beweis gestellt. Nachdem er vor drei Jahren mit seinem letzten Film „Fliegende Liebende“ zu seinen schrillen und kunterbunten Anfängen in den 80er Jahren zurückgekehrt war, lässt er nun mit “Julieta“ wieder ein Werk folgen, das von Reife, Stilbewusstsein und Lebenserfahrung zeugt.
Das Ergebnis ist ein Film, der insbesondere denjenigen munden wird, die mit den dramatischeren Arbeiten des Spaniers etwas anfangen können.
Inhaltlich hangelt sich Almodóvar dabei an drei Kurzgeschichten der kanadischen Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro entlang, wenn er deren Storys „Entscheidung“, „Bald“ und „Schweigen“ kunstvoll zu einer stringenten Erzählung um die fragile Beziehung einer Mutter zu ihrer Tochter verdichtet.
Alles beginnt an einem Wendepunkt im Leben der älteren Julieta (Emma Suárez). Mit ihrem Freund möchte sie eigentlich Madrid in Richtung Portugal verlassen, überlegt es sich nach einer zufälligen Begegnung mit einer Jugendfreundin ihrer Tochter aber doch noch einmal anders. Alte Wunden brechen auf, als sie sich das Vergangene wieder ins Gedächtnis ruft.
In jungen Jahren machte Julieta (nun dargestellt von Adriana Ugarte) die Bekanntschaft mit dem Fischer Xoan (Daniel Grao), brachte dessen Tochter Antía auf die Welt und musste schließlich mit dem viel zu frühem Tod des Geliebten klarkommen. Die Trauer entzweite Mutter und Tochter, bis Julieta nun durch die Zufallsbegegnung Hoffnung schöpft, mit Antía doch wieder in Kontakt zu kommen.
Pedro Almodóvar bleibt in seinem Film immer sehr dicht dran an den Handlungen und am Gefühlsleben seiner titelgebenden Protagonistin, von der er mit Hilfe zweier formidabel besetzter Schauspielerinnen ein feinfühliges Porträt entwirft. Nach und nach versorgt er sein Publikum mit den nötigen Informationen, um Julieta verstehen und ihr Verhalten einordnen zu können.
Dank der Streicheruntermalungen des Filmmusikkomponisten Alberto Iglesias gelingen dem Regisseur dabei sogar Anleihen an Alfred Hitchcock, der ebenfalls ein Faible für starke Frauenfiguren hatte. Wie in den meisten ernsteren Werken Almodóvars, stimmt auch hier die Inszenierung bis in die kleinsten Details, wenn der Regisseur seine Bilder penibel durcharrangiert und auf vorzügliche Weise für die große Leinwand einfängt. \ Frank Brenner
„Julieta“
E 2016 // R: Pedro Almodóvar
Start: 4.8.
Bewertung der redaktion
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