Tom Ford hat ein milliardenschweres Mode-Imperium aufgebaut. Mit seinen schicken Anzügen nur James Bond einzukleiden, hat dem smarten Designer als Aktivität im Filmbusiness aber irgendwann nicht mehr gereicht. Nach seinem ebenso gelungenen wie erfolgreichen Regiedebüt „A Single Man“ ließ er allerdings sieben Jahre Zeit verstreichen.
Das Warten auf seinen Zweitling „Nocturnal Animals“ hat sich gelohnt; einen eleganteren Thriller hat man in diesem Jahr nicht gesehen. Die raffiniert verschachtelte Story kommt mit einem visuellen Look der famos stilsicheren Art daher.
Die erfolgreiche Galeristin Susan (Amy Adams) erhält von ihrem Schriftsteller-Ex (Jake Gyllenhaal) nach jahrelanger Funkstille das Manuskript eines unveröffentlichten Romans. Die Lektüre gerät schnell zum Horrortrip, handelt dar Krimi doch von einer Familie, die auf einem Highway von einer Gang terrorisiert wird. Mühelos wechselt Ford zwischen der Realität seiner Heldin und dem Roman, der sie so aufwühlt.
Der sadistische Überfall perfider Bösewichter auf eine arglose Familie samt des folgenden „Ein Mann sieht rot“-Rachetrips des verzweifelten Vaters (ebenfalls gespielt von Gyllenhaal) ist gewiss nichts Neues auf der Leinwand.
Diese klassische Pulp-Geschichte erfährt bei Ford freilich ein Upgrade in die cineastische Oberliga. Die ohnmächtigen Opfer werden mit psychologischer Präzision präsentiert und das Verbrechen ist mit zwingender Plausibilität inszeniert. Zum gelungenen Gänsehaut-Faktor gesellt sich die notwendige Prise Coolness in Person eines knorrigen, kettenrauchenden Cops mit Cowboy-Hut, den Michael Shannon mit sichtlichem Vergnügen zelebriert; in diesem Monat ist der Schauspieler übrigens noch in zwei weiteren Filmen im Kino zu erleben („Elvis & Nixon“ und Werner Herzogs missglückter „Salt and Fire“).
Mit Shannons Leinwandpräsenz können es Jake Gyllenhaal als Rächer wider Willen und Amy Adams als Luxus-Lady am Rande des Nervenzusammenbruchs allerdings locker aufnehmen. Zwischendurch ist Platz für Dialoge wie „Welches Recht habe ich, nicht glücklich zu sein?“ oder „Bin ich zu zynisch, um ein Künstler zu sein?“ – was anderswo zu platten Kalenderweisheiten verkommt, wirkt bei Ford so unaufdringlich elegant wie seine Anzüge. \ Dieter Oßwald
USA 2016 //
R: Tom Ford
Start: 22.12.
Bewertung der redaktion
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