Der Unterricht beginnt. Thema: Schiller. Die Lehrerin referiert, aber die Schüler interessiert’s nicht. Interessanter ist da der Hintern von Klassenkameradin Latifa, die einen auffällig goldenen Tanga trägt.
Im Gangsterstil, schön breitbeinig, die Hand im Schritt, mit „Kanack“-Sprache und Asi-Attitüde hängen die Schüler auf den mit Edding bekritzelten Bänken ab, erklimmen die Sprossenwände und pöbeln, was das Zeug hält.
Lehrerin Kelich (Bettina Scheuritzel) kommt nicht zu ihnen durch. Ausdrücke wie „Sturm und Drang“ werden vom wunderbar prolligen Robert Seiler als Hakim im lilafarbenen Trainingsanzug mit „Isch hab auch Drang, Frau Kelich“ kommentiert. Bei einem Gerangel rutscht Schüler Musa (Tim Knapper) eine Knarre aus der Tasche, und Frau Kelich greift zu. Von diesem Moment an zwingt sie jeden mit vorgehaltener Waffe, Passagen aus „Die Räuber“ vorzutragen. Und dies allein ist schon amüsant, weil so absurd.
Anfangs stolpern die Prollos im gebrochenen Straßenslang über Schillers Deutsch. Aber die erzwungenen Rollen sind wie für ihre geistige Emanzipation geschaffen. Nadine Kiesewalter trägt als Mariam ihr türkises Kopftuch mit stiller Eleganz und verwandelt sich doch zur Aktivistin. Der Obermacker Ferit (Markus Weickert) liest seinen Text mit Eloquenz und Felix Strüven gelingt der Wandel vom schüchternen Jüngelchen Hasan zum selbstbewussten Redner, wenn er als Schillers „Franz“ die Sau raus lassen muss.
Ob in Schillers Rollen oder als pöbelnde Witzfiguren, das gesamte Ensemble überzeugt. /// kw/jm
1., 5., 14. + 18.12.
„Verrücktes Blut“
20 Uhr, Kammer, Theater Aachen
Karten bei KlenkesTicket
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