Der in Köln lebende Jürgen Klauke (* 1943) macht seit den 70er Jahren mit Fotos und Videoarbeiten von sich reden und sehen. Als früher Vertreter der Body-Art nutzt er den eigenen Körper als Ausdrucksträger. Er gebärdet sich und er verkörpert. Von der Dokumentation von Aktionen gelangte er sehr schnell zu einer eigenen Form inszenierter Fotografie, die das Bühnenstill der Theaterwerbung und die Tradition „Lebender Bilder“ aufgreift. Als durchgehend eigenwilliger und sperriger Künstler ist er immer wieder provozierender Wegbereiter und Initiator neuer Bildformen und Bildthemen. Über eine Ausweitung des Formats von Fotografien und in seriellen Bildstrecken erkundet er mit widerspenstiger Poesie und provokativer Geste die gesellschaftliche Situation menschlichen Daseins, wie sie sich in Verhaltens- und Selbstdarstellungsnormen zeigt, die er aufgreift, karikiert und in verletzten, verletzlichen und verletzenden Darstellungen in Szene setzt und damit der Verdrängung entreißt. Er gebärdet sich, aber er porträtiert sich nicht. Er führt ein Selbst vor, das andere Individuen sein kann und in existentialistischem Ernst stets von der Ausgeliefertheit menschlichen Daseins kündet und den Finger in Wunden hält, den die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in der Psyche oder Seele des Einzelnen hinterlassen. Der Umgang mit Sexualität, mit Homosexualität, mit dem anderen Geschlecht, die Vereinsamung und Banalisierung wird dargestellt und insgesamt das Rollenspiel und die Maskerade, in der man sich einzurichten gelernt hat, bloßgelegt und ihrer Schutzfunktion entrissen. In immer neuen distanzierten Ansätzen führt er seine detailgenauen Inszenierungen zu einer künstlerischen Blüte, die in hochästhetischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen à la Karl Blossfeldt kulminiert, die ihn und Mitinszenierte in sparsame Arrangements einbezieht, die in wiederkehrend reduziertem Inventar und Gebärde an René Magrittes Surrealismus oder den magischen Realismus eines Edgar Ende erinnert. Ein Tisch als Treffpunkt bürgerlichen Lebens, als Opfertisch oder Bahre, Verkabelungen und Verhaarungen, ein biederer Melonen-Hut als Rollenaccessoire – im Stapel fast erdrückend wirkend. Hütet euch! Aber nicht vor diesem Künstler. Jürgen Klauke ist kein Fotograf und kein Mime. Er ist teilnehmender Choreograph beunruhigender Stillleben, die das Grundinteresse an der Darstellung menschlicher Empfindungen, als eine Art 3D-Figurationen ins Flächige übertragen und zum Ausdruck bringen, nicht vorrangig über Attribute mit symbolischer Wertigkeit, sondern über Inszenierungen mit optischer Kraft: Kommentierendes Ausdrucksverharren, statt Tanztheater. Seine kritisch-poetischen Bilder für den eingeschläferten Menschenfreund befremden mit leiseren Tönen, die mit melancholisch bitterem Schmelz seit Jahrzehnten zur differenzierten Wahrnehmung auffordern. Die Möglichkeit dazu bietet das KuK in Monschau, inzwischen Kunst- und Kulturzentrum der Städteregion, mit Fotografien des Künstlers.
11.2. bis 29.4.
Eröffnung 11.2. 16 Uhr
„Jürgen Klauke – Fotoarbeiten“
KuK – Kunst- und Kulturzentrum der Städteregion, Monschau
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