Wie alle großen Geister, wie Van Dyke Parks, Randy Newman, Donald Fagen oder Paddy McAloon folgen auch Die Zimmermänner nur ihrer eigenen inneren Uhr.
Und deshalb veröffentlichen Timo Blunck und Detlef Diederichsen siebeneinhalb Jahre nach „Fortpflanzungssupermarkt“ mit „Ein Hund namens Arbeit“ nicht nur ein neues Album, sondern füllen mit der ultimativen Retrospektive „Die Wäscheleinen waren lang“ auch noch ein schwarzes Loch der westdeutschen Popgeschichte.
Spagat zwischen Wissen und Können
In den frühen 1980er Jahren scheiterte die zumeist verhasste Vorstadt-, Popper- und Gymnasiasten-Band mit ihrem recht eigenwilligen Pop-Entwurf auf interessante Weise daran, den Spagat zwischen Wissen und Können auszuhalten.
Musikalisch liebäugelte man mit Brazil-Pop, Todd Rundgren, NRBQ, Monochrome Set, Michael Franks und den Beach Boys, klang manchmal nach funky Haircut 100 und orientierte sich textlich an Ulrich Roski oder auch Hanns Dieter Hüsch. Kein schlechter Referenz-Kasten zwischen Poesie und Quatsch, würde man heute wohl sagen, aber 1981/82 herrschten hierzulande eben musikalisch Schlechte-Laune-Wave.
So kursierten Perlen wie „Anja“, „Deine Monate“, „Schlecht, aber einer von uns: Jesaja“ oder „Nöte des kleinen Mannes“ ein paar Jahrzehnte als Konterbande unter den happy few.
Horizont erweitert
Und die Band ging getrennte Wege und manche etablierten sich auf die eine oder andere Weise im Kulturbetrieb. Heute, 30 Jahre später, haben Die Zimmermänner naturgemäß ihren Horizont erweitert, wissen um die technischen Möglichkeiten, ihre Ideen adäquat umzusetzen und versuchen sich ein weiteres Mal daran, hierzulande Popmusik zu produzieren, die einen dritten Weg zwischen „gebrüllter Befindlichkeit“ und „introvertierter Winselei“ beschreitet.
Anders gesagt: „Ein Hund namens Arbeit“ bietet 12 Songs, die zwölf unterschiedliche Wege zwischen dem gesungenen Herrenwitz („Ich bin jetzt schwul“), dem Anett-Louisan-Amour-fou-Chanson („Wenn Mein Mann Das Erfährt“) und der Panik-Lebenskrisen-Hymne („Nöte des feinen Mannes“).
Funky-Underground-Radio-Hit
Kurzum: eine lässig hingestellte Pop-Wundertüte voller eloquenter Wortspiele, abgehangener Zynismen, Romantik und Melancholie und Verbeugungen von „L“ wie Les Humphries über „S“ wie Sly Stone bis „D“ wie Faux-Disco.
Und wenn „Die scharfe Dr. Schulz“ nicht zumindest entlang des Elbe-Deltas ein veritabler Funky-Underground-Radio-Hit wird, dann will ich „Dr. Dobitz“ heißen.\ uk
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