Von Dirk Tölke
Die Kunst ist Peter Mainka als bereichernde poetische Kraft wichtig. Kunst, die auf die Straße geht und zu den Menschen direkt spricht. Kunst, die sich einmischt und die etwas bewegt. Kunst, die Anstöße gibt und an der man Anstoß nimmt. Dazu hat ihn die Fluxus-Bewegung mit ihrem Anspruch Kunst und Leben zusammenzubringen und der Auftritt im Aachener Audimax 1964 beeinflusst. Leben bedeutet auch, Kunst zu haben – sichtbar. Sein Einsatz.
Seine frühen Zeichnungen, Wachsstiftbilder und Gemälde im expressivem Stil zwischen Hofer und Munch befassen sich mit Ängsten, Einsamkeiten, romantischen Momenten und Treffpunkten junger Menschen der Zeit: Badeseen, Geilenkirchener Ruinen, Kneipen und Wälder. Solche bühnenhafte Orte und Naturkulissen, oder mythisch licht-inszenierte Szenarien werden später in den Diaserien verschiedener freier Erzählungen mit der 1973 gegründeten Gruppe Blaustich wieder auftauchen, die bis 2004 bestand.
Da ihm die Ende der 50er Jahre an Akademien bevorzugte Abstraktion nicht die Möglichkeit zur Verarbeitung von gesellschaftlicher Relevanz und menschlichem Leben in der Welt bot, begann er ein Architekturstudium, durch das er über die Dokumentation von Modellen zur Fotografie kam. Gebäude, -Ruinen, Baufragmente tauchen sowohl in seinen künstlerischen Arbeiten, wie auch in seinen Fotocollagen auf, die pfiffig-provokant Konzepte für die Umgestaltung der Stadt anbieten. Das Interesse für Stadtplanung und die erlebten Abrisse von Gebäuden und Vierteln setzten kulturpolitisches Denken und -Widerstand in Gang. Bauten des Jugendstils und des Historismus‘ wurden ungeliebt zerstört, während er verwinkelte Altbauten im ruinenhaltigen Aachen schätzte, die als Wohnraum und Atelier Atmosphäre hatten. So verband sich mit dem Interesse, die Kunst zu fördern, auch die Erhaltung industrieller Bauten.
Die Interessengemeinschaft bildender Künstler (IBK) erstritt mit anderen Gruppen (Theater, Literatur, Musik, Film) seit 1977 gegen Widerstand die Erhaltung der Barockfabrik, die 1982 auch für künstlerisches Tun nutzbar, 1994 als Zentrum für Kinder- und -Jugendkultur formalisiert und 2015 weiter zurückgebaut wurde. Ähnlich ist es dem durch viele Aktionen und Diskussionen, die Peter Mainka initiierte, erstrittenen Künstlerhaus in Süsterfeld ergangen, das in Klosterruinen von Künstlern zunächst nutzbar gemacht wurde, bald durch einen Verein als Atelierhaus wirken konnte, das dann -wegen Bauinteressen ins Depot Talstraße weichen musste.
Blaustich
Die seit 1973 mit der Bilderzählung „Caput Mortuum“ begonnene spezielle Variante der Performancekunst mit der Gruppe Blaustich, die ohne festgelegte Choreographie im städtischen Umfeld mit wechselnden Protagonisten in Masken Aktionen durchführte, begann sich künstlerisch, mythisch und politisch stärker in den Alltag einzubringen, opponierte gegen die Abwanderung der Sammlung Ludwig nach Köln, für den Bau eines Museums an der Monheimsallee, gegen Krieg, für Phantasie. Peter Mainka machte parallel auch Einzelaktionen mit Objekten und Bildern, denn Kunst ist sein Leben, täglich in Fotos und Kulturchronologien dokumentiert, in Kursen für Kinder und Jugendliche lebendig vermittelt und mit Briefen und Protesten wortreich verteidigt und zur Sprache gebracht. So hat er jahrzehntelang die Kunst- und Kulturszene mitgeprägt.
In den 1980er und noch einmal um 2015 beginnt er wieder mit farbigen Naturstudien, die sich als meteorologisches Interesse durchgehend auch in Bildern und Fotos von Wolken und Lichtstimmungen niederschlugen, die blaue Blume der Romantik nie vergessend, die er in der wach wahrgenommenen gesellschaftlichen Wirklichkeit und lokalen Realität der Kunst, Natur und Stadt findet und registriert. Auch hier collagiert er erlebte Geschichte mit regionalen Örtlichkeiten als Durchdringung von Versatzstücken und Zeichen, als poetische und verdichtete Bildwelten. \
8.6.-27.7., Eröffnung, 8.6., 17 Uhr
„Vita Brevis Ars Longae. Peter Mainkas Leben für die Kunst – eine Retrospektive“
Kulturwerk
Peter Mainka
wurde 1938 in Hindenburg/ Oberschlesien geboren und ist nach der Flucht in Geilenkirchen aufgewachsen. Nach der Schulzeit hat er ein Architekturstudium begonnen und sich währenddessen zusehends für Fotographie interessiert. In den 70er Jahren initiierte er die Gruppe Blaustich mit, die eine besondere Form der Performancekunst entwickelte. In den 1980er Jahren betrieb er neben Ausstellungen als kulturpolitischen Kampf die Wahrnehmung der Kunst in der Öffentlichkeit. \
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