Wie hat sich für Euer Unternehmen die Situation mit Beginn des 1. Lockdowns verändert?
Marco Sievert: Der Lockdown traf uns schon Anfang März. Die letzte Veranstaltung waren die „Fuck Up Stories“ im DigitalHUB, bei denen Unternehmer von ihrem Umgang mit Niederlagen berichten. Symbolträchtiger hätte es nicht sein können. Wir drei Inhaber haben dann schnell gehandelt und alles heruntergefahren, was ging. Die Kurzarbeit war eine erste wirkungsvolle Waffe, zumal ja die Scholz’sche Bazooka in unserer Branche nie wirklich angekommen ist. Wir haben uns auch darauf eingestellt, dass wir eventuell im Sommer insolvent sein könnten. Zum Glück hatten wir treue Kunden, die uns halfen, das Ganze so abzufedern, dass wir durch dieses erste große Tal durchgekommen sind. Die neuen Aufträge hatten aber auch sehr große Investitionen zur Folge, die bei der Berechnung von staatlichen Hilfen nicht einbezogen werden. Staatliche finanzielle Hilfen können wir also nicht erwarten.
Sind die Sorgen der Kultur ausreichend im Fokus der Menschen, der Medien, der Politik?
Marco Sievert: Hierzu muss ich zunächst etwas klarstellen. Momentan wird alles in den Topf der „Kultur“ geworfen und da liegt schon das Dilemma. Wir, und damit meine ich fast alle Unternehmen in unserer Branche, verdienen unser Brötchen in der Regel mit Businessevents. Konferenzen, Tagungen, Branchentreffs, Messen. Nur rund 20?Prozent macht der Anteil an Kulturveranstaltungen aus. Wenn wir also davon sprechen, dass Veranstaltungen ausfallen, dann sind das vor allem wichtige Veranstaltungen für die Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Man schaue sich nur mal die schwierigen Bedingungen im letzten Kommunalwahlkampf an. Das war für die kleinen Parteien, die nicht mal eben auf große Online-Kampagnen umstellen können, eine Katastrophe. Aber um auf die Frage zu antworten: Nein, die Sorgen sind nicht genug im Fokus, vor allem weil es die Sorgen der ganzen Gesellschaft sein müssten. Es geht nicht nur darum, dass man mal nicht ins Kino oder auf eine Party gehen kann. Es geht hier um kulturelles Zusammenleben, das gemeinschaftliche Identität bildet, das den Geltungsanspruch des Menschen unterstreicht und nicht zuletzt sozialen Frieden stiftet.
Wenn die Veranstaltungsbranche vielleicht Mitte 2021?wieder hochfährt, wie stellt sich dann die Situation dar?
Marco Sievert: Wir müssen jetzt schon konstatieren, dass es einige heftige Verlierer gibt. Das sind nicht zuletzt die Solo-Selbständigen in unserem Bereich, die sich bewusst dafür entschieden haben, als Einzelunternehmer auf dem Markt aufzutreten. Mit wenig Rücklagen und als Unternehmer zweiter Klasse haben die es besonders schwer. Seit rund 18?Jahren werden Menschen in sogenannte Ich-AGs geschoben, die nun ihr Untergang sind. Das war gut für die Arbeitslosenquote, aber nicht immer sinnvoll für die Betroffenen, wie man nun sieht. Zudem zeichnet sich ab, dass aufgrund von Schließungen von freien Theatern und Clubs die Vielfalt an kulturellem Leben abhandenkommen wird. Dies wird kurzfristig nicht zu kitten sein.
Inwieweit hilft der coronabedingte Schub der Digitalisierung auch der Veranstaltungsbranche?
Marco Sievert: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Uns hilft es gerade, dass Veranstalter auf Online-Events als Ersatz setzen, da wir sie hierbei unterstützen können. Trotzdem ist dies, so wie das momentan umgesetzt wird, nur eine Krücke in der Not. Wir stellen fest, dass die Nachfrage nach Beratung zur technischen und inhaltlichen Umsetzung von Veranstaltungen so hoch ist wie noch nie. Und das hängt genau mit diesen neuen digitalen Möglichkeiten zusammen, deren Sinn und Nutzen erst einmal erfasst werden müssen.
Wie siehst du die nähere Zukunft innerhalb der regionalen Szene – Clubs, Caterer, und so fort?
Marco Sievert: Ich hoffe, dass wir alle in großen Teilen da irgendwie durchkommen. Aber dann muss die Gesellschaft endlich verstehen, dass wir alle uns gerade an die Beschränkungen zur Pandemiebekämpfung halten, um die Bevölkerung zu schützen. Dies kann nicht damit belohnt werden, dass man in Hartz IV gerät, während andere, die relativ normal weiterarbeiten, keinerlei finanzielle Einschränkungen haben. Das ist keine Solidargemeinschaft. In Aachen haben wir ja schon seit längerem mit den Problemen der freien Szene zu kämpfen, das könnte sich nun verschärfen. Ich habe die Hoffnung, dass ein neuer Politikstil in Rat und Verwaltung dies zumindest aufhält. \
Am Rande
Seit mehr als 20?Jahren ist das Unternehmen eventac Veranstaltungstechnik GmbH ein klassischer Vollservice-Dienstleister in der Veranstaltungsbranche. Karlspreis, CHIO, Thouetpreis, Aachener Firmenlauf, die Ladies in Black und viele Karnevalsveranstaltungen usw. gehören zu ihren Kunden. \
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