Von Kira Wirtz und Belinda Petri
Ein paar Monate nach dem Gespräch mit Heidemarie Ernst und Manfred Savelsberg, bekannt als Manni, d’r Huusmeester, zur Situation des Aachener Bushofs, stand ein erneutes Treffen an. Gleiches Setting, andere Personen: Seit Sommer sind mit Silke Ulrich und Sara Lauscher zwei neue „Kümmerinnen“ angetreten, die Problembezirke wieder zu einem Ort des friedlichen Zusammenlebens für alle zu machen.
Im Juli 2023 folgte Silke Ulrich Heidemarie Ernst als Leiterin der im November 2018 initiierten Koordinationsstelle Bushof. Mit der städtischen Verwaltungsbeamtin, die bisher im Fachbereich Sicherheit und Ordnung tätig war, ist die herausfordernde Stelle mit einer ausgewiesenen Kennerin der Thematik besetzt, die mit ruhiger und besonnener Hand die Vernetzung vor Ort weiter ausbauen möchte. Sara Lauscher ist als Sozialwissenschaftlerin und Sozialarbeiterin neu im „Verwaltungsbusiness“ und bringt „mit einem anderen Blick“ Erfahrung aus der praktischen Arbeit in der Flüchtlings- und Jugendarbeit mit. Als Leiterin der neu geschaffenen Koordinationsstelle Kaiserplatz/Östliche Innenstadt hat sie Ende August gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit zu einem Austausch mit Anwohnern und Geschäftsleuten ins Suermondt-Ludwig-Museum eingeladen, bei dem es heiß herging.
„Auch, wenn am Bushof schon einiges in Gang gekommen ist, die bestehenden Probleme kann man nicht ausblenden, sie sind aber auch zu komplex für einfache Lösungen,“ sagt Lauscher. Sowohl rund um den Bushof als auch am Kaiserplatz treffen ganz unterschiedliche Belange aufeinander. Neben den baulichen Herausforderungen mit dem Bushof als von zigtausend Menschen täglich genutztem Verkehrsknotenpunkt, geht es auch um Aktivierung von Leerständen wie dem Lust for Life-Klotz und dem Ausbau der bestehenden, gut genutzten Angebote wie der VHS und der Stadtbibliothek, die vielleicht in einem wie auch immer gearteten „Haus der Neugier“ gebündelt und ausgebaut werden könnten. Es geht um Anwohner und Geschäftsleute, um Schulkinder, Rollstuhlfahrer, Senioren und Touristen. Es geht aber auch um die, mit denen niemand so recht umzugehen weiß, auch nicht in anderen Städten und Ländern, niemand hat ein Patentrezept, wie mit den „Misfits“, den nicht Gesellschaftsfähigen, umzugehen ist.
Davon lässt sich Sara Lauscher nicht abschrecken, aus ihrer bisherigen Arbeit ist sie den Umgang mit schwieriger Klientel gewohnt, außerdem verfügt sie über ausreichend Optimismus und Elan – unabdingbar für diesen Job. Lauscher sucht den direkten Kontakt, ist im Viertel unterwegs, klopft an Türen und stellt sich vor. Ihr ist wichtig, dass keine Entscheidungen von oben gefällt werden, sondern dass gemeinsam Ideen entwickelt und dann auch zusammen umgesetzt werden. „Es gibt viele Menschen, die sich engagieren und gerne genau hier leben und arbeiten,“ sagt sie und führt aus, dass mit den richtigen Ansprechpartnern viel angestoßen werden könne. So wie sich die IG Hotmanspief durch die von Heidemarie Ernst angestoßene Aufbruchstimmung rund um den Bushof gegründet habe, kommt auch Bewegung in die östliche Innenstadt: Seit kurzem ist die „Initiative Starke Adalbertstraße“ (ISA) als Zusammenschluss der Immobilieneigentümer aktiv, um die Straße gemeinsam mit der Stadt zu beleben. „Mir ist wichtig, die Sorgen der Leute ernst zu nehmen und mit ihnen in Gespräch zu kommen, was konstruktiv und gemeinsam geändert werden kann. Es gibt so viele Menschen, die sich für ihre Umgebung stark machen,“ sagt Sara Lauscher und nennt stellvertretend den Gastronom Jörg Polzin, der in der Promenadenstraße die „WG“, das „Sturmfrei“ und – Nomen est omen – das „Kiez-Kini“ betreibt. Dazu gehört, dass er die Nachbarn kennt und mit ihnen in Kontakt ist, aber auch, dass Gäste von außerhalb das Viertel und seinen ganz eigenen Charme für sich entdecken und wiederkommen. Letztlich brauche es für Veränderung ganz viele Kümmerer und Macher, sie packten an, wo es nötig sei, und seien die passenden Multiplikatoren für die unterschiedlichen Gruppen, die in den dichtbesiedelten Stadträumen aufeinanderträfen.
Und wie sähe ihre Version von „Wünsch Dir was für Bushof und Kaiserplatz!“ aus – ganz ohne bürokratische Vorgaben und finanzielle Zwänge? Silke Ulrich hält inne und sucht nach passenden Worten: „Natürlich wäre eine Begrünung der Bushof-Fassade schön, als realistisches Ziel würde ich mich über eine stetige Verbesserung des Bereichs freuen,“ formuliert sie ihre Vision vorsichtig. Ganz anders Sara Lauscher, bei der die Frage offenbar sofort ein Feuerwerk an Ideen auslöst. „Ich wünsche mir mehr Kunst und Kultur auch in der östlichen Innenstadt, Angebote für Kinder und Jugendliche, vielleicht ein attraktives Jugendzentrum, um endlich wieder Aufenthaltskultur zu schaffen.“ Lauscher fährt fort, dass letztlich jede Entwicklung dem Bereich guttun werde und sinniert über eine Aufwertung der Heinrichsallee, die, gesäumt von Blühwiesen, durchaus Potenzial als Promenade habe.
Die Akteure
Gemeinsam mit zahlreichen Akteuren aus Verwaltung, Politik, Wohlfahrtspflege, Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Nachbarschaft soll sich die Koordinationsstelle um die verschiedenen infrastrukturellen und sozialen Prozesse und Themen kümmern und diese begleiten. Über künftige Aktionen und Events informiert der Newsletter.
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