Gut ein Jahr ist es mittlerweile alt: das veränderte Ladenöffnungsgesetz. Laut diesem dürfen Kioske und Trinkhallen unter der Woche ohne zeitliche Begrenzung, an Samstagen aber nur von 0 bis 22 Uhr geöffnet sein.
Sonn- und feiertags dürfen die entsprechenden Läden nur öffnen, wenn ihr Kerngeschäft aus dem Verkauf von Blumen, Zeitungen oder Backwaren besteht. Nach Erkenntnis des Ordnungsamtes findet diese Regelung auch ein Jahr nach ihrer Einführung kaum Beachtung.
Bußgeld bis 5.000 Euro
Stattdessen gebe es Beschwerden von Anwohnern und Gastronomen gerade in der Pontstraße. Die einen fühlen sich von Spätkunden der Kioske in ihrer nächtlichen Ruhe gestört, die anderen vom Alkoholausschank an den Buden um ihren Umsatz gebracht.
Die Folge: Künftig werden Ordnungsamtsmitarbeiter die Einhaltung der Ladenöffnungszeiten verstärkt kontrollieren. Bei Zuwiderhandlung ist ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro möglich.
Gewünschter Effekt in den Sternen
So weit, so regelkonform. Die Idee, dass es in der Pontstraße vor allem am Wochenende ruhiger würde, wenn um 22 Uhr die Kioske zumachen, dürfte wohl als abenteuerlich bezeichnet werden.
Auch die Vorglüher werden danach nicht zwingend ihr Geld in eine Wirtschaft tragen, nur weil die Bude nichts mehr verkauft. Ob sich der gewünschte Effekt einstellt, steht also in den Sternen. Immerhin ist aber dem Gesetz genüge getan. Jedoch: Päpstlicher als der Papst geht die Welt zugrunde.
Bestandteil der Viertelkultur
Kioske sind gerade innerstädtisch wesentlicher Bestandteil der Viertelkultur. Das Konzept „Büdchen“ hat mancherorts das Konzept „Stammkneipe“ abgelöst. Hier trifft sich auch schon einmal die Nachbarschaft auf ein Schwätzchen. Und ja, auch auf ein Bierchen. Gerade in den warmen Monaten.
Eine Verschärfung der Kontrollen unter Androhung drakonischer Strafen zwingt die Kioskbesitzer, ihr Angebot diesbezüglich einzuschränken. Auch fernab der Pontstraße, bar jeder Anwohnerbeschwerde, werden sie ihre Rolläden überpünktlich herablassen müssen.
Furchtbar provinziell
Und während Budenbetreiber und Stammgäste mit Einbußen – finanziell hüben, versorgungstechnisch drüben – zu kämpfen haben, läuft in Aachen Gott sei Dank alles wieder ganz ordentlich, ganz sauber und still. Und furchtbar provinziell.
Denn Kioske sind auch ein Stück weit das, was eine Großstadt von einer Möchtegerngroßstadt unterscheiden. Spätis in Berlin, Büdchen in Köln: Niemand käme auf die Idee, denen derart ans Schlafittchen zu gehen.\
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