Von Silke Schneider
Damals, Anfang der Neunziger, sah ein gelungener Samstag so aus: Man fuhr mit den Freundinnen nach Langerwehe zum Baldus Gebrauchtkleider-Supermarkt, arbeitete sich in der riesigen, leicht muffeligen Halle durch Berge von gebrauchter Kleidung und zog irgendwann glücklich mit einem Sack voller Neuerwerbungen für insgesamt zwölf Mark wieder von dannen.
Aber irgendwann war das vorbei, Ketten mit Fast Fashion machten Mode so erschwinglich, dass selbst Studierende sich mit Neuware eindecken konnten, unvergessen der Tag, an dem Aachen sein eigenes H&M bekam und man dafür nicht mehr nach Köln fahren musste. Und heute? Sind sie wieder da. Jahrelang hatten nur einige, eingesessene Second Hand Läden wie zum Beispiel das Outfit in der Augustastraße oder das Le Fichu in der Harscampstraße die Stellung gehalten, andere Läden machten auf – und wieder zu. Aber langsam wendete sich das Blatt, der unpolitische Hedonismus der 2000er Jahre musste Platz machen für ein neues Umweltbewusstsein, heute ist Nachhaltigkeit so hip wie damals Schulterpolster oder Tequila Sunrise. Zählte früher vor allem der niedrige Preis der Gebrauchtkleider, ist den Kunden heute auch wichtig, dass ihr Geld nicht bei Firmen landet, die ihre Ware umweltschädlich, durch Kinderarbeit oder auf andere Art verwerflich produzieren.
Nicht nur günstig, sondern auch gesünder.
Zudem sind getragene Sachen in der Regel schon mehrfach gewaschen worden und somit weitgehend frei von Insektiziden und giftigen Farbstoffen – gerade für Eltern wichtige Argumente. Online traten Portale wie Ebay im letzten Jahrzehnt ihren Siegeszug an, selbst im kleinsten Eifelörtchen konnte man sich plötzlich eine gebrauchte Prada-Tasche bestellen oder ein rares Paar Sneaker ersteigern und mit ein paar Klicks mit den Kinderklamotten vom vergangenen Jahr noch Geld verdienen, ohne sich auf dem Flohmarkt die Füße abzufrieren.
Wir haben uns mal umgeschaut, was sich in und um Aachen rund ums Thema Gebrauchtwaren so tut. Außer den altbekannten Adressen gibt es etwa das Kleiderkarussell in Eilendorf, ein kleines Lädchen, das früher Kindersachen im Angebot hatte, aber inzwischen junge Mode für Frauen zu wirklich spektakulären Preisen anbietet. Am Dahmengraben wird im ehemaligen Scotch Club – die XL Discokugel hängt immer noch da – von privat gebrauchte Damenmode „von mir zu dir“ verkauft, und Harald Schröder wagt mit seinem Xu-Laden einen zweiten Anlauf. Der Schuhfan bot seine Sammlung ausgefallener Designerexemplare erst in der Augustastraße an, nun eröffnet er einen neuen Laden in der leerstandgeplagten Adalbertstraße und wird bei vielen Frauen für Schnappatmung sorgen, denn wo sonst bekommt man hier echte Louboutins oder Chie Miharas für einen zweistelligen Betrag? Das T2 – Think Twice in der Peterstraße ist hingegen eine Fundgrube für echte Vintageware, wer eine Glitzerhose für die 70er-Party oder ein Blümchenkleid aus Polyester sucht, ist hier richtig.
Mehr als Klamotten
Aber nicht nur Kleidung darf auf zweites Leben hoffen, die Möbeltante in der Franzstrasse oder das Artenreich in der Theaterstraße bieten wunderschöne Möbel, Lampen und Dekoartikel an und das Fachgeschäft für Gesellschaftsspiele in Roetgen, das spiele4us, kauft und verkauft unzählige gebrauchte Strategie- oder Kinderspiele. Von allem etwas gibt es in der neuen BreitSeite in der Kleinkölnstraße (Foto), der WABe-Laden ist die Zusammenlegung von Bandbreite und Seitenweise und präsentiert sich jetzt größer, luftiger und aufgeräumter, die Umkleidekabinen sind fast so groß wie ein durchschnittliches Studentenappartement und in der gemütlichen Selbstbedienungs-Küche kann man ein Shopping-Päuschen mit Bio-Limo einlegen. Wie gesagt – Vintage ist das muffige Image endgültig los.
Gut zu wissen
Selbst einen Second Hand Laden eröffnen? Warum nicht? Allerdings sollte einges beachtet werden, so muss ein Gewerbeschein und eine Steuernummer beantragt werden, außerdem benötigt man einen Schufaauszug, ein Führungszeugnis und diverse Versicherungen, mehr Infos gibt’s im Internet. \
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