Kaum vorstellbar, dass ein Nachrichtenmedium, bei dem es im großen Maße auf Schnelligkeit ankommt, jemals so arbeiten konnte: Aus einem Nachrichtenticker kommt ein schmales Endlospapier, auf dem die neusten Ereignisse skizziert sind. Der Redakteur setzt sich daraufhin mit diesen Informationen an die Schreibmaschine(!) und verfasst seinen Text. Es können sich wahrscheinlich nicht mehr viele an diese prädigitale Art des Schreibens ohne „Copy&Paste“, „Delete“ und „Save as“ erinnern.
Das Internationale Zeitungsmuseum (IZM), das sich der Öffentlichkeit seit dem 8. Juli in neuem und modernem Gewand präsentiert, zeigt im ersten Raum diese Zeugnisse einer vergangenen Zeit. Doch schnell wird der Besucher wieder ins 21. Jahrhundert zurückgeholt. Neben einer Reihe großer Flachbildschirme können auf Touchscreens Informationen zu Geschichte und Entwicklung der Nachrichtenagenturen und den Veränderungen des journalistischen Schreibens abgerufen werden. Historische Titelblätter, etwa des Düsseldorfer Tageblatts von 1914, der Aachener Nachrichten von 1945 oder der Prawda von 1961 zeigen geschichtliche Weltereignisse.
„Am ersten Wochenende hatten wir über 2.000 Leute hier“, sagt Museumsleiter Andreas Düspohl. „Jetzt ist Ferienzeit, aber die Feedbacks zur Ausstellung sind durch die Bank gut.“ Düspohl und seine Mitarbeiter haben viele Informationen in Schubladen versteckt, was die Räume sehr aufgeräumt wirken lässt. Ein altertümlicher Fernseher in Holzoptik zeigt auf Knopfdruck Meilensteine der TV-Geschichte, etwa die Ausgabe der DDR-Sendung „Aktuelle Kamera“ von 1989, in der Günter Schabowski, Mitglied des Politbüros der SED, den fassungslosen Journalisten erklärt, die deutsch-deutsche Grenze sei offen („Nach meiner Kenntnis ist das sofort!“). Irritierenderweise sind auch die RTL-Sendungen „Der Preis ist heiß“ und „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ in die Auswahl aufgenommen worden.
Im Bereich „Lüge und Wahrheit“ wird sehr anschaulich verdeutlicht, wie bereits Anfang des letzten Jahrhunderts bei der Bildberichterstattung getrickst wurde. Auch zum Thema Zensur werden Beispiele aus der Geschichte gegeben. Im letzten Raum „Einblicke – Ausblicke“ wird ein Blick in die Zukunft der Medien geworfen, insbesondere der Zeitungen. Namhafte Medienvertreter geben Statements zu diesem heiklen Thema ab. Wer Lust auf Stress hat, kann sich im „Ei“ einer medialen Reizüberflutung aussetzen: ein lautes und kreischbuntes Ganzkörpererlebnis.
Das IZM bietet auch Möglichkeiten für wissenschaftliches Arbeiten. Rund 125.000 Zeitungsexemplare aus vier Jahrhunderten stehen in digitalisierter Form bereit. Auf der homepage können diese recherchiert werden, Einsicht gibt es über die hauseigenen Rechner – wenn diese angeschlossen werden. „Die stehen seit einiger Zeit parat“, erklärt Düspohl. „Ich hoffe, dass sie bald installiert werden.“
/// Sebastian Dreher
Internationales Zeitungsmuseum
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