Von Sebastian Dreher
So ziemlich jedes Kind liebt die Disney-Figuren. So war es auch bei Ulrich Schröder. Doch bei ihm ging es noch ein bisschen weiter. Mit neun Jahren hat er angefangen, seine Helden Micky, Donald und Goofy nachzuzeichnen und sich eigenen Geschichten auszudenken.
Schnell war dem Jungen klar: „Ich will Disney-Zeichner werden.“ Dass aus der vorpubertären Leidenschaft mal ein einträglicher Beruf werden würde, hätten sich seine Eltern wohl nicht träumen lassen.
„Als ich 20 Jahre war, hab ich mich bei Disney in Frankfurt beworben“, sagt Schröder. Bereits beim ersten Treffen bekam er die Zusage, er könne anfangen. Ein bisschen Bammel hatte er schon, nach Hessen zu ziehen, Familie und Freunde zurück zu lassen.
Doch dann sagte er zu – diese Chance wollte er sich nicht entgehen lassen. Von den Frankfurter Comic-Profis wurde Schröder erst mal nach Übersee geschickt – in die Disney-Studios in Los Angeles. „Um richtig zeichnen zu lernen“, wie ihm gesagt wurde.
Dort befand er sich in unmittelbarer Nähe zu seinen Helden, den so genannten „Nine Old Men“ – die Disney-Hauptzeichner, die damals alle bereits um die 80 Jahre alt waren. Carl Barks, dem Grandseigneur der Disney-Zeichner und geistigen Vater von Dagobert Duck, Daniel Düsentrieb und den Panzerknackern, sollte er erst 1995 begegnen.
Doch er lernte den Niederländer Daan Jippes kennen, der durch seinen einzigartigen Stil Kultcharakter erlangt hat. Und die Lehrzeit in L.A. hatte sich gelohnt. Nach einer kurzen Unterbrechung als freiberuflicher Zeichner für Disney und andere Unternehmen bot ihm der Konzern die Stelle des europäischen Art Directors in Paris an.
Seine Aufgabe: Ein Studio mit vielen Mitarbeitern aufbauen, das die komplette Disney-Kollektion kontrolliert – Comics, T-Shirts, Filme. Doch Schröder, der immer seinen eigenen Kopf hatte, zögerte. „Ich bin eigentlich nicht der Typ, der an andere delegiert und den Chef raushängen lässt“, sagt er. Letztendlich sagte er doch zu.
Und so schlimm kann es dann auch nicht gewesen sein, immerhin 20 Jahre blieb der Aachener dabei. Neben dem nicht immer kreativen Alltagsgeschäft hat Schröder Umschlagseiten für die niederländischen Donald Duck-Hefte gezeichnet – quasi als künstlerischen Ausgleich. „Die Holländer machen tolle Hefte“, sagt er. „Sie erinnern mich stark an die US-Ausgaben der 50er Jahre.“
Und auch die französischen mag er wegen ihrer Aktualität und Frechheit. „Da kann schon mal die Innenpolitik der vergangenen Woche in die Handlung hineinspielen.“ Seit fünf Jahren steht Schröder wieder auf eigenen Füßen und erstellt als freier Zeichner unter anderem die Titelbilder der Micky-Maus-Hefte in Frankreich, Finnland, Dänemark und Holland.
„Für das Elle Magazin habe ich einmal Prominente der Modebranche als Disney-Figuren gezeichnet.“ Karl Lagerfeld etwa tauchte dort als Böser Wolf auf, Jean Paul Gaultier als Donald und Donatella Versace als Daisy.
Fünf Jahre nach seinem Weggang von Disney hat Schröder die Freiheit, durch die Welt zu reisen und dabei Geschichten zu zeichnen – mit derselben Art von Feder, mit der auch schon Carl Barks gearbeitet hat. Die Geschichten hält er auf winzig kleinen Skriptblöcken fest. Er steht im regen Austausch mit seinem alten Helden Daan Jippes, sie schicken sich ihre Zeichnungen mit Verbesserungen hin und her.
Erstmals präsentiert Ulrich Schröder im Rahmen der Comiciade die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit mit Daan Jippes. Die dabei gezeigte Palette reicht von den ersten Entwürfen bis zur fertig getuschten Reinzeichnung und gibt Einblicke in den Produktionsprozess von Disney-Comics.
Begleitend dazu wird Schröder ab dem 31. März eine Woche lang sein Atelier in der Mulde des Ludwig Forums aufschlagen. „Bei der Comiciade werden Daans und meine gemeinsamen Arbeiten zu sehen sein“, sagt Schröder. „Es freut mich besonders, dass er am Wochenende nach der Eröffnung nach Aachen kommen wird.“ \
LINK: Aachens erste Comicmesse – die Comiciade
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