„Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Ihnen eine Frage stelle?“ Der junge Mann auf dem Skateboard will aber nicht etwa nach der Uhrzeit oder dem Weg fragen. In dem komisch-tragischen Einakter „Die Zoogeschichte“ (1958) geht es um existentielle Fragen und Begriffe. So entwickelt sich der unbeschwerte Nachmittag des Verlegers Peter (Stephan Wurfbaum) schließlich zu einem Kampf um seine Ehre. Auf einer Bank im New Yorker Central Park sitzend und ein Buch lesend (Dramen von Edward Albee!), verwickelt ihn der dynamische Skater Jerry in ein Gespräch. Dieser will zwar eigentlich von seinem Tag im Zoo erzählen, doch schnell wird deutlich: Hier prallen zwei Welten mit unterschiedlichen Wertvorstellungen aufeinander. Jerry „will jemanden ganz kennen lernen“, sodass er selbst bei den einfachsten Fragen über Familienstand und Haustiere eine Analyse seines Gegenübers vornimmt. Er katalogisiert und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Jerry will ins Innere des Menschen blicken und macht auch dem Zuschauer deutlich, dass alles eine tiefere Bedeutung hat. So auch seine „Zoogeschichte“. Zunächst irritiert von der Offenheit des Unbekannten, will sich der verschlossene und verheiratete Familienvater Peter zurückziehen, findet sich aber schließlich in einem Strudel aus Geheimnissen und Anschuldigungen wieder. Für ihn ist der abschließende Kampf um eine Parkbank, um seine Bank, der Kampf um seine Ehre. Auch wenn er bereits alles hat. Und nun muss sich Peter selbst eine Frage stellen: Für was lohnt es sich zu kämpfen?
Der irakische Regisseur Ismael Hawramy bringt mit dem ersten Drama des amerikanischen Schriftstellers Edward Albee („Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“) ein Absurdes Theaterstück in das Foyer Rouge des Theater K. Das Zweimannstück wird vor allem durch die schnellen Dialoge vorangetrieben, die teils in Monologe abdriften oder den Zuschauer mit einbinden. Zeitweise spielen beide Protagonisten die Rolle des Jerry, sodass sich das Gewicht der Figuren enorm verlagert. Christian Cadenbach verkörpert den mittellosen und getriebenen Skater derart überzeugend und teils verstörend („Ich bin verrückt, Du Trottel!“), dass Stephan Wurfbaum als Anzug tragender Verleger häufig auf der Strecke bleibt. Die Vorlage von Edward Albee lässt der Figur des Peters aber leider auch nicht mehr Raum. Umso lobenswerter der häufige Figurenwechsel von Wurfbaum: Mal ist er Peter mit Anzug und Buch, mal Jerry mit grüner Basecap oder ein Hund, dessen Gesicht auf eine schwarze Tüte gemalt ist.
Die Bühnenbildner Carl Thomas und Irena Frackowiak schaffen im Foyer Rouge eine kleine, idyllische Parkanlage, auf die die Zuschauer von allen Seiten blicken können – eine Herausforderung, die beide Protagonisten perfekt meistern. Doch mit nur wenigen Handgriffen wird das fröhliche Vogelgezwitscher durch Regengeräusche ersetzt und die Spielfläche zum Boxring, in dem sich alles entscheidet.
In der 60-minütigen Inszenierung werden die Attribute eines komisch-tragischen Stücks eher untersucht als atmosphärisch in Szene gesetzt – was manchmal Geduld erfordert. Der Konflikt, analysiert durch Perspektivwechsel, codiert in nicht immer verständlichen Regieeinfällen, findet zur dramatischen Austragung erst wie ein Tusch am Ende. /// Kerstin Pape
5., 12., 14., 19.10.
„Die Zoogeschichte“
20 Uhr, Theater K
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