Am Anfang herrscht Verwirrung: Anush und Anton kehren aus ihrem Urlaub zurück, finden eine fremde Pflanze und unschöne Gerüche vor. Sollte sich das befreundete Paar Annette und Martin nicht um die Wohnung kümmern?
Stress: Auch der Strom wurde abgeschaltet; Anush und Anton tappen buchstäblich im Dunkeln. Dann Auftritt der besagten Annette und Martin, die kurzerhand den Schauplatz als die ihrige Wohnung ausgeben und die „Gäste“ gar herauskomplimentieren. Noch bevor der Betrachter des Stücks diesen grotesken Vorgang verarbeitet hat, schlüpfen Hausbesetzer und -besitzer in neue Rollen, mischen Charaktere und Beziehungen ordentlich durch.
Keine Akteinteilung, kein Handlungsfluss, keine Realität: „Du bist nur ein Geflacker in meinen Synapsen“, erklärt Annette dem verdutzten Martin, der zwischenzeitlich die vierte Wand durchbricht und sich monologisch ans Publikum wendet. Was hier gezeigt wird, ist kein klassisches Theater sondern vielmehr eine humoristische Suche nach Antworten auf metaphysische Fragen: „Wir leben in einer Höhle – das ist alles nicht echt“, sinniert Martin und spielt auf die antike Philosophie Platons an.
Es sind diese Ausbrüche aus den Rollen (Anush Manukian, Annette Schmidt, Martin Päthel und Anton Schieffer treten alle mit ihren richtigen Vornamen auf), die das flinke Tempo von „Perplex“ bestimmen – es verlangt ein wenig Zeit, diesen Rhythmus als Zuschauer aufzunehmen. Gelingt dies, entfaltet das Spiel einen ganz eigenen Witz bei der Suche nach Erkenntnis: Wer bin ich eigentlich? Mit wem? Und wo überhaupt? Immer dann, wenn so etwas wie eine Antwort formuliert wird, fliegt dem Quartett die Realität um die Ohren; Elch-, Au-pair- und Nazi-Kostümierungen tun ihr Übriges.
Am Ende der Inszenierung von Regisseur Thomas Sauerteig (Erfolgs-stück: „Bandscheibenvorfall“) steht ein schier unendlicher Reigen verschiedener Identitäten; die vier Protagonisten bauen als Manukian, Schmidt, Päthel und Schieffer gar das gesamte Bühnenbild ab. Was bleibt ist ein irrwitziger 90-minütiger Philosophie-Ausflug sowie ordentlicher Beifall im SPACE des Ludwig Forums. \ rt
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