Nach ihrem Debüt „L’Entredeux“, das die in Tucson, Arizona lebende Französin mit Joey Burns von Calexico aufgenommen hatte und seine Vorstellung von französischem Chanson reflektierte sowie dem mit dem italienischen Komponisten und Morricone-Schüler Christian Ravaglioli produzierten Nachfolger „L’abandon“, der Folkpop, Filmmusikklänge und wintergraue Balladen verband, beschwört Marianne Dissard auf ihrer dritten Platte klassische Chansontraditionen: Inmitten opulenter symphonischer Arrangements zelebriert die Sängerin die große Kunst von Dramatik und Pathos.
Gleichwohl ist das nur ein Teil dieser extraordinären Songsammlung, die die Dissard mit Sergio Mendoza (Calexico) und Mitgliedern seines Orkesta in Tucson eingespielt hat. Ähnlich aufregend klingen ihre melancholischen Balladen, die bezaubernden Singer/Songwriter-Übungen mit dunklen Geschichten über die Strapazen der zurückliegenden Tourneen und die Lieder, die der ursprünglichen Idee vom revolutionären „Nouvelle Chanson“ ganz nahe kommen, etwa der mysteriöse französisch-deutsche Sprachmischmasch von „Am Letzen“, der gleich zu Beginn Marianne Dissards Kreativität ausstellt oder das HipHop inspirierte „Tortue“.
Zweifellos das bislang beste Album der Sängerin, die es wie kaum eine andere versteht, zwischen Americana mit Chanson Brücken zu schlagen. \ vst
(Vacilando ‘68 Recordings/Grand Harbour)
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