Von Belinda Petri
Innerhalb von sechs (!) Monaten entstanden auf der Poco-Brache in der Gut-Dämme-Straße zwei Restaurants als „Freestander“ (standardisierte Neubauten), um gleich in der Sprache der Systemgastromonie zu bleiben: L’Osteria und The ASH.
Nicht kleckern, sondern klotzen!
Das Konzept: „beste beste Pizza und Pasta d’amore“ entweder in bester Innenstadtlage (Köln) oder in freistehenden Gebäuden mit offener Küche, hohen Fensterfronten und gemütlichem Gastraum, wie nun in Aachen. Auf der „grünen Wiese“ ist der Baugrund günstiger und der (Park-)Platz größer. Apropos Größe: die (über-)großen Pizzen, die mit ihren 45 Zentimeter (!) Durchmesser weit über den Teller ragen, sind das Markenzeichen der L’Osteria, also nicht kleckern, sondern klotzen!
Die standardisierte Karte bietet Pizza, Pasta, Salate, Antipasti und Desserts sowie ein Menü der Woche. Im Innenraum dominiert die Theke als zentrales Element, dahinter liegt die offen einsehbare – und offen einhörbare Küche.
Bei unserem Besuch am frühen Donnerstagabend sind zunächst mehr Servicekräfte als Gäste im Raum, was sich aber innerhalb kürzester Zeit ändert, um halb Acht sind fast alle der über 200 Plätze besetzt. Während der Concierge uns an den Tisch geleitet, wird ein wenig abseits das Serviceteam von einer Supervisorin eingeschworen, während die Jungs in der Küche jede fertige Bestellung lautstark als auslieferbereit ankündigen. „American Team Spirit“ wie aus dem Systemgastronomie-Schulbuch, wie schön, dass unser Kellner eine echte Frohnatur ist und uns charmant mit mehr als gedrillter Freundlichkeit bedient.
Pizza-Pasta-Perfektionismus
Unsere Wahl fiel nach Aperol (5,70 Euro) und Crodino (2,80 Euro) als Aperitif auf Conchiglie Granchi (11,75 Euro) und Pizza Nduja Calabrese (12 Euro). Die Muschelnudeln mit Flukrebsen und Karotten-Zucchini-Julienne an Hummersauce kamen in einem tiefen Teller mit Fischmotiven, bei dem wir uns nicht einig wurden, ob wir ihn witzig oder kitschig fanden, die Pasta fresca jedenfalls waren hervorragend. Die Pizza mit dem unaussprechlichen Namen – mit Nduja, einer würzigen, weichen Rohwurst („piccante“ meint hier auch „piccante“), Mozzarella und halbgetrockneten Kirschtomaten belegt – war ebenfalls tadellos. Pizza-Pasta-Perfektionismus. Erwartungsgemäß war die knusprig-dünne Pizza in der Größe eines Wagenrads nicht zu schaffen, kein Problem – der Rest wurde zum Mitnehmen eingepackt. Unbedingt Platz für Dolci lassen: Beim Piccolo Duetto kann man für 4,50 Euro zwei Gläschen Dessert kombinieren, die Crema di fragola und Tiramisú waren köstlich und genau richtig portioniert.
Ein Hoch auf die Systemgastronomie
Nachdem ich dieses Jahr in Aachen in einem seit mehr als 25 Jahren existierenden, trotz der furchtbaren, heruntergewirtschafteten Inneneinrichtung immer gut besuchten italienischen Lokal von einem ungepflegten Kellner die mit Abstand schlechteste Pizza meines Lebens serviert bekam, ist mein Mitleid mit jammernden Gastronomen, die sich über Systemgastronomie beschweren, sehr begrenzt: Allerdings nur, wenn es gute Systemgastronomie ist.
Dazu braucht es zeitgemäßes Interieur, geschultes Personal in Uniform (ja, im Service bevorzuge ich klar eine standardisierte Arbeits-Uniform gegenüber individueller Jogginghosen-Mode), immer gleichbleibende Qualität beim Essen und ein Angebot, das für alle Gäste eine entsprechende Auswahl bietet, auch für Veggies und Familien mit Kindern. Eigentlich kein Zauberwerk, sondern klar strukturierte Professionalität. Also: Nicht jammern, sondern es einfach gut machen. \
L’Osteria/The ASH
Gut-Dämme-Straße 1
Tel: 96979929
Randnotiz:
Gastronomie mit System
Gegründet wurde die Systemgastronomie-Kette 1999 von Klaus Rader und Friedemann Findeis – die mit The ASH-Geschäftsführer Kent Hahne zu den Gründern der Vapiano-Kette gehörten – in Nürnberg, heute gibt es rund 90 Filialen in Deutschland und Europa, deren Umsatz für 2017 mit 179,6 Millionen Euro angegeben wird. \
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