Von Frank Brenner
Kurt Barnert (als Sechsjähriger: Newcomer Cai Cohrs) erfährt im Dresden des Jahres 1938 schmerzhaft, dass die Nationalsozialisten bei gesellschaftlichen Außenseitern kein Pardon kennen. Seine lebenslustige und etwas spleenige Tante Elisabeth (Saskia Rosendahl), die ihm früh die moderne Kunst näherbringt, wird von Euthanasie-Professor Carl Seeband (Sebastian Koch) ins Konzentrationslager geschickt, in dem sie ermordet wird. Jahre später wird der erwachsene Kurt (jetzt Tom Schilling) dem ungeschoren davongekommenen Arzt in der jungen DDR wiederbegegnen, als er sich in dessen Tochter Elli (Paula Beer) verliebt. Doch das Glück des Paars steht unter keinem guten Stern, weil Seeband Kurt nicht für geeignet befindet, seine Blutlinie fortzusetzen. Es wird lange dauern, bis Kurt schließlich in der BRD seine wahre Berufung als Künstler finden und gelernt haben wird, sich durch seine Werke auszudrücken.
Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck entwirft in „Werk ohne Autor“ ein episches Porträt der frühen deutsch-deutschen Historie. Exemplarisch wird sie anhand der Lebensgeschichte eines jungen Künstlers nachgezeichnet, welche stark an die des weltberühmten Malers, Bildhauers und Fotografen Gerhard Richter angelehnt ist. Diese Figur fungiert symbolisch auch als eine Art Katalysator für die Kunstbewegung jener Jahre, die insbesondere an der Kunstakademie Düsseldorf einen Neuanfang anstrebte, viel bislang Unbekanntes ausprobierte und dadurch Innovatives zustande brachte. Deren Protagonisten erhalten jedoch fiktive Namen und selbst bedeutende Persönlichkeiten wie Joseph Beuys (Oliver Masucci als „Antonius van Verten“) tauchen zwar eindeutig auf, heißen im Film aber anders. Das mutet auf den ersten Blick etwas befremdlich an, zumal es den Zuschauer länger als nötig darüber im Unklaren lässt, was Henckel von Donnersmarck eigentlich vermitteln will. Aber schließlich findet der Regisseur auch jenseits der Fiktionalisierung realer Charaktere genügend Szenen und Einstellungen, mit denen es ihm gelingt, über die unterschiedlichen Quellen von Kunst aufzuklären. Dass er das alles in einem derart fulminanten Rahmen tut, der auf leinwandtaugliche Bilder setzt und stargespickt durch die Jahrzehnte wandert, macht das Ergebnis zu einer Ausnahmeerscheinung im aktuellen deutschen Kino – weswegen es nur folgerichtig ist, dass „Werk ohne Autor“ im nächsten Jahr ins Rennen um den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film geschickt wird. \
„Werk ohne Autor“
D 2018 // R: Florian Henckel von Donnersmarck
Start: 3.10. | 189 Minuten | FSK 12
Der Regisseur
Florian Henckel von Donnersmarck entstammt einer Adelsfamilie und feierte 2006 gleich mit dem Abschlussfilm seines Studiums an der HFF München, „Das Leben der Anderen“, ungeahnte Erfolge. Das Stasi-Drama wurde mit dem Auslandsfilm-Oscar ausgezeichnet und allein in Deutschland von 2,3 Millionen Zuschauern gesehen. Mit dem Thrillerdrama „The Tourist“ mit Angelina Jolie und Johnny Depp konnten sich Kritik und Publikum 2010 dann nur teilweise anfreunden. \
Bewertung der redaktion
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