Von Manu Markus
Das Stück von Julia S.C Kröhnert bricht nicht nur mit allen Regeln des klassischen aristotelischen Dramas, dem immerhin zwei seiner Akteure entstammen, es verblüfft auch durch die komplette Uminterpretation der drei Hauptfiguren, die wie Antihelden wirken.
Helden in zivil
Griechische Musik, langer Bart und weiße Tracht – bis hierhin stimmt noch die Tradition. Doch was – und vor allem wie – der Held über sich und seine Reise erzählt, wirkt er wenig wie der glorreiche Held Homers, der auf seiner Irrfahrt eine ganze Reihe von Abenteuern besteht und es schließlich doch nach Ithaka zurückschafft.
Von seinem Sockel gestoßen, berichtet Odysseus, gespielt von Markus Hesterkamp, dann von ganz alltäglichen Konflikten eines „Helden“: „Kantinenfrass, rüpelhafte Zyklopen und eine emanzipierte Penelope“; in feinstem Neudeutsch klagt der Held Homers über seine Frau, die ihm zu Hause die Hölle heiß macht. Was für ein Glück, durch die ganzen Abenteuer noch ein wenig länger von zu Hause fernbleiben zu können und den Heldenalltag zu genießen. Sehr überzeugend und amüsant imitiert er dabei seine Frau - das Publikum ist begeistert.
„Das kann doch jedem mal passieren, Scheiße warum gibt es denn hier keinen Guide, Hades für Anfänger oder so?“ Als der junge Orpheus, gespielt von Maik Schulte, in Lederjacke, Jeans und Turnschuhen auf die Bühne stürmt, ist eigentlich klar, dass jetzt nicht der leidende Künstler kommt, der in der Sage seine Eurydike erste nach seiner Ermordung im Hades wiedersieht.
Anstatt sich wehmütig seinem Schicksal zu ergeben, will Orpheus zurückschlagen: Als berühmter Musiker, der schon Jahrtausende vorher die Idee zum Ärztesong „Junge“ hatte, gedenkt der mitunter äußerst stimmungsschwankene Künstler seine Geliebte freizupressen.
Witz gepaart mit Melancholie
Nach der Pause darf man sich auf die wahre Geschichte über das Prädikat „Lügenbaron“ des Barons von Münchhausen freuen, der zudem noch einige seiner größten „Heldentaten“ zum besten gibt. Recht schnell wird auch dem unwissenden Zuschauer klar, dass Pinocchio bei solcherlei Geschichten die Nase bis zum Boden gewachsen wäre.
In Baron von Münchhausens Geschichte, wie er denn zu seinem Prädikat gekommen sei steckt bei genauerem Hinsehen neben viel Witz auch eine ganze Menge Tiefsinn, der eher nachdenklich als lustig stimmt.
Offene Fragen
Die Schauspieler gehen in ihren Rollen absolut auf. Während die beiden Griechen dem Zuschauer Komik bieten, regt Baron von Münchhausens Geschichte zum Nachdenken an.
Ob er das Prädikat nun zurecht trägt, Orpheus am Ende doch seine Geliebte zurückerhält und ob Odysseus kurz vor seiner Ankunft nach Ithaka doch noch einen Rückzieher macht, das beantwortet das Stück. Dem Premierenpublikum gefiel diese amüsante Geschichte der drei Figuren – es spendete großen Applaus. \mm
Weiter Spieltermine:
Fr 19., Sa 20.September 2014 – 20 Uhr
So 21. September 2014 – 18 Uhr
Fr 26.,Sa 27. September 2014 – 20 Uhr
So 28. September 2014 – 18 Uhr
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