Was die Schriftstellerin Annie Proulx 1997 in einer Geschichte über ländliche Homoerotik im US-Staat Wyoming erzählte und was 2005 als Film Furore machte wurde anschließend mit zeitgenössischer Musik tonal illustriert.
Der Uraufführung Anfang 2014 im Teatro Real von Madrid folgte jetzt die Deutsche Erstaufführung im Theater Aachen. Ludger Engels inszenierte maßvoll und mit ruhiger Hand. Musikchef Kazem Abdullah fügte den kühn-dynamisch-lyrischen Klangrahmen hinzu.
Christin Vahl schuf ein Bühnenbild zwischen Kargheit, Klarheit und bürgerlicher Tristesse. Die Kostüme von Moritz Junge spiegeln Einfachheit und Angepasstheit mit ein paar kontrastierenden Farbtupfern in Richtung Varieté.
Suche nach Nischen
Über den Kulissen thront der Berg, in dessen Dunstkreis sich das Schicksal der Schafhirten Jack Twist (Mark Omvlee) und Ennis del Mar (Christian Tschelebiew) vollzieht. Die beiden suchen nach Nischen im fest gefügten Reglement der Rollenspiele.
Als der Farmer Aguirre (Pawel Lawreszuk) die in Cowboykreisen verpönte Neigung des Paares registriert, sind die Weichen längst gestellt. Was als Kameradschaft begann, wurde zur Leidenschaft jenseits der gängigen Norm.
Versteckspiel und lähmende Angst
Bei Jack findet Ennis Geborgenheit und Zärtlichkeit. Das ist mehr als schneller Sex, es ist etwas Wildes aber auch Liebevolles. Was wird nun aus Alma (Antonia Bourvé), die schon das Kleid für ihre Hochzeit mit Ennis ausgesucht hat?
Die Ehe wird vollzogen, zwei Mädchen gehen aus der Verbindung hervor. Jack heiratet Lureen (Polina Artsis) und wird Vater eines Sohnes.
Auch als Familienväter treffen sich Jack und Ennis heimlich. Eine Szene im Motel zeigt ihre intime Zweisamkeit. Für ihre Ehefrauen bleibt nur ein schwacher Aufguss sexueller Ekstase. Aber selbst nach seiner Scheidung schreckt Ennis vor einem Bekenntnis in aller Öffentlichkeit zurück. Die Angst lähmt ihn.
Nachdenklich stimmend
Die Musik zeichnet die innere Zerissenheit des Paares in bedrohlichen Klangballungen. Sie schrillt, hüpft, wogt, bis sie in lyrische Passagen mündet. Im chromatischen Diskurs der Instrumente beweisen die Vokalkünstler Können und Durchsetzungskraft.
Am Ende weint Ennis im einstigen Jugendzimmer des verstorbenen Freundes seiner verlorenen Liebe nach. Ohne aufgesetzte Polarisierung zeigt die Aachener Inszenierung das Scheitern einer zwischenmenschlichen Beziehung in tabuisierten Zonen. Sie stimmt nachdenklich und regt zur Diskussion an.\ so
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