Okay, eine Trennung ist eigentlich kein lustiger Witz. Hat wenig Humor und noch weniger von einem netten Kneipenabend. Aber das, was man von Trend-Autor Nick Hornby kennt, ist generell eher eine relativ moderne Persiflage auf eine Situation, die man ähnlich, nur härter erlebt hat und doch lieber in Hornbys Universum erlebt hätte. Man wünscht sich als sympathischen (Anti-)Helden einen mit den Augen klimpernden Hugh Grant, dem die Herzen trotz Fehlern zufliegen, verzeiht tollpatschige Fehltritte und unmögliche Modeexperimente. Und auf dieses Pferd setzt auch das Grenzlandtheater. Fabian Goedecke als Tom, dessen Frau ihn betrog, ist der liebevolle und irgendwie erschreckend verständnisvolle Typ, der die Schuld auch irgendwie bei sich sucht. Mit ranzigen Turnschuhen und intellektuellem Scharfsinn, der ihn beruflich aber nicht weiterbrachte, trifft er sich mit besagter Ehefrau (Cynthia Thurat), um die Probleme, die es bereits vor der Affäre gab, aufzuarbeiten. Thurat spielt die, eigentlich nette, irgendwie süße, erfolgreiche Ärztin, die zu Hause nicht das bekam, was sie wollte – nämlich Aufmerksamkeit und Sex – ganz ausgezeichnet. In der letzten Spielzeit war sie bereits am Grenzlandtheater und sorgte in „Ein Herz aus Schokolade“ für einige Lacher und eine vage Erinnerung an Heike Makatsch in „Männerpension“. Das ist auch in der jetzigen Produktion so. Mit und über sie lacht das Publikum, staunt, erlebt Flashbacks und wünscht ihr einen Mann, der so eine Hammer-Frau zu würdigen weiß. Und auch ihm wünscht man selbiges: eine Hammer-Frau, die ihn zu würdigen weiß. Und hier kommt es zum Problem: Wo ist das Problem? Eine schläft mit einem anderen. Der Betrogene zieht doch nicht wirklich Konsequenzen, man trifft sich zur Therapie und Schuld an der ganzen Sache ist …
Tja, da fragt man besser Hornby, der mit seiner Art von Pop-Literatur ab den 90ern eine echte Fanbase an pseudo-popkulturellen, musikinteressierten-aber-niemals-zu-banal- denkenden, mittlerweile mitgealterten Junggebliebenen hat. Das Publikum im Grenzlandtheater scheint hin- und hergerissen. Man lacht über die – wirklich guten – (Wort-)Witze der beiden, erkennt einige der Differenzen einer Paarbeziehung, die mehr als zehn Jahre und zwei Kinder überdauert, stößt ein Oh und Ah aus, als die ersten Flashbacks aus seiner/ihrer Sicht die Bühne in Stillstand versetzten und ist dann doch etwas brüskiert, wenn zum wiederholten Male Sex, Nacktsein und Bedürfnisbefriedigung anschaulich gemacht wird. Anja Junskis Inszenierung des Buches ist ein Kammerspiel. Dreh- und Wendepunkt ist ein Pub, in dem sich getroffen wird. Die Dialoge aus der vergangenen Ehehölle sind witzig, dabei wird ein gewisses Maß an Traurigkeit nicht ausgelassen. Dennoch bleibt es unterhaltsam. Ein paar Zuschauer sitzten satt im Zuschauersaal als Statisten auf der Bühne, werden hier und da mal angesprochen. Auch sie müssen lachen über Hornbys Vor-Paartherapie-Arrangement. Dennoch bleibt für den Betrachter der große Wow-Effekt aus. Zu vorhersehbar sind die Abgründe der typischen provisorischen „Hornby-Ehe“, die vor allem mit der Sprache sogar die kleinsten Nebensächlichkeiten auszuleuchten. Dennoch: Es ist ein amüsanter Theater-Abend, der zeigt, dass nicht jeder Fehltritt zum Liebes-Aus führt und dass, wenn man nur cool genug ist, mit einer Situation umzugehen, doch das Gute siegt. Intendant Ingmar Otto schien hochzufrieden, als er auf der Premierenfeier sein Sektglas auf Darsteller, Regisseurin, Technik, Bühnenbild und Publikum erhob. Und ob man Hornby mag oder nicht, es sollte erwähnt sein, dass das Grenzlandtheater seine Türen öffnet, sich modernisiert und für gute theatrale Unterhaltung sorgt. Und genau das ist wahrscheinlich auch das Anliegen von Hornbys Stücke. Also: Win-Win. (Kira Wirtz)
bis 21.9.
„Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“
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Homepage Grenzlandtheater Aachen
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