Im Oktober letzten Jahres legte eine Wechselausstellung namens „Beat The System! – Provokation Kunst“ im Ludwig Forum den Fokus auf künstlerische Positionen, die sich kritisch und subversiv mit den Verhältnissen in Politik und Gesellschaft auseinandersetzen. Gezeigt wurden unter anderem Werke von Martin Kippenberger, Sigmar Polke, Pussy Riot, Werner Büttner, Chicks on Speed, Christoph Schlingensief, Die Tödliche Doris oder dem Aachener Wandmaler Klaus Paier.
Daran knüpft die jetzige Veranstaltungsreihe „Beat The System!“ im Dezember im Musikbunker an. Den Zusammenhang erklärt Myriam Kroll, die Kuratorin der Ausstellung: „Bereits während der damaligen Ausstellung war angedacht, dass wir verschiedene Konzerte veranstalten. Aber das „space“ auf der unteren Etage des LuFo stand wegen Umbaumaßnahmen nicht zur Verfügung und dass man in der Halle bekanntermaßen Schwierigkeiten hat, eine gute Akustik hinzukriegen, ist ja bekannt. Und dann kam Corona ja auch noch hinzu.“
Das auf neun Veranstaltungen verteilte Programm kann sich mehr als sehen lassen. Es fühlt sich an, als würde man für den Zeitraum einer Woche ins exaltierte Clubgeschehen Berlins katapultiert. Präsentiert wird die ganze Bandbreite der aktuellen Clubmusik: Vom HipHop mit einer Mischung aus futuristischem Conscious Rap, Grime, Punk und Trap Rap der kenianischen Rapperin MC Yallah über die Wienerinnen von Klitclique, die die Kunstwelt, Street Art und Freestyle Battles unter einen Hut bringen, bis hin zu den Auftritten der 80er Provo-Punk-Band Bärchen & Die Milchbubis ist alles mit dabei. Auch die nachdenkliche, engagierte Singer/Songwriterin Doda kommt im Duo mit ihrem Gitarristen nach Aachen. Und zum Schluss – Pussy Riot! Das Programm verantwortet ein Team: Myriam Kroll zusammen mit dem Veranstaltungsleiter im Kulturbetrieb der Stadt, Rainer Beck, sowie Lars Templin und Chris Kukulis vom Musikbunker. Rainer Beck: „Wir haben uns alle zum Brainstorming getroffen und was uns allen sofort klar war: Wir müssen Pussy Riot haben! Die waren ja auch Bestandteil der Ausstellung.“ Lars Templin geht es nicht nur um politische Bewegungen, die sich weltweit seit mehreren Jahren mit viel Nachdruck gegen Rassismus, Sexismus, für Queerness, Feminismus, Umwelt und im Kontext von Me Too-Bewegungen einsetzen. Günstige Eintritts- und Getränkepreise im Musikbunker sollen auch vor Ort die kulturelle Teilhabe aller ermöglichen. Der Abend des 16. Dezember beginnt mit dem 2016 entstandenen, hochgelobten Dokumentarfilm „Raving Iran“ von Susanne Regina Meures und endet als Clubnacht mit einem der beiden Brüder und DJ-Protagonisten, Arah Shadram, sowie Sets von Kertsman, DJ und Sound Producer aus Odessa und dem local resident Chris Brid. Für Rainer Beck steht „Raving Iran“ exemplarisch für das ganze Festival: „Der Film spiegelt doch das Motto „Beat The System!“ zweimal wider. Beide Male muss das iranische System ausgetrickst werden – einmal im Film selber: Eine illegale Party in der Wüste ist geplant. Bei der Entstehung des Films wurde das Equipment der Filmcrew konfisziert. Dann musste heimlich mit einer Handykamera gedreht werden. Das ist doch ,Beat the System!‘ in Reinkultur!“ Für Chris Kukulis ist der Auftritt von Lowkey ein persönliches Highlight. Lowkey ist ein britischer Rapper und Aktivist aus London. Er ist einer der aktivsten „Artists for Assange“ (ein Projekt der Courage Foundation, einem internationalen Unterstützungsnetzwerk für Journalisten, ihre Quellen und das Recht der Öffentlichkeit auf Information, Anm. d. Red.). Auch die Rapperin Finna, die sich für sexuelle Selbstbestimmung, gegen Homophobie und Bodyshaming stark macht, passt perfekt ins Programm. Ihren Abend am 10. Dezember bestreitet sie zusammen mit der Aachenerin Beatbastlerin Carlashnikova, die ihre Punchlines von Goa über Drum’n’Bass bis hin zu Trap rappt. „Ich freue mich, dass die Klitclique kommt, denn das schließt noch mal gut an die Ausstellung an. Hier waren ja auch Künstlerinnenkollektive dabei, die sowohl in der Bildenden Kunst, in der Performance als auch in der Musik arbeiten“, unterstreicht Myriam Kroll. „Die Mädels aus Wien haben da einen ganz eigenen Ansatz. Die haben Bildende Kunst studiert. Ihre Platte hat ja auch einen provokanten Titel: „Schlecht im Bett, gut im Rap“. Das zeigt auch die ganze Ironie, mit der sie an die Empowerment-Geschichte rangehen. Und die große Malerin Maria Lassnig gehört zu ihren Vorbildern. Das schließt am ehesten direkt an die Ausstellung an.“ \rm Das Programm 1.12. Nyege Nyege Collective: MC Yallah, Debmaster, Catu Diosis (19 Uhr) 3.12. Klitclique, Der Täubling (20 Uhr) 9.12. Mykki Blanco (20 Uhr) 10.12. Finna, Carlashnikova (20 Uhr) 15.12. Drillminister, Lowkey (20 Uhr) 16.12. Raving Iran (Film) & Clubnacht mit Arash Shadram, Kertsman (DJ/Producer, Ukraine) & Chris Brid (Resident) (21 Uhr) 17.12. Bärchen + Die Milchbubis (20 Uhr) 19.12. Dota (Duo) (20 Uhr) 30.12. Pussy Riot (20 Uhr)
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