Von Richard Mariaux
Es ist beliebt in der Euregio. Es ist eintrittsfrei und es ist ein Forum für die vielen Talente, die die Macher von Chudscnik Sunergia in Eupen jedes Jahr neu aus dem Hut zaubern. Oder kannten Sie bereits die Jazzrausch Bigband aus München?
Nein, wahrscheinlich nicht. Sie sind darüber hinaus ein Novum, sind sie doch weltweit die erste Residenz Bigband eines international bekannten Technoclubs – dem Harry Klein in München. Das junge Münchner Ensemble spielt weltweit jährlich circa 100 Konzerte, unter anderem waren sie bereits zu Gast im Lincoln Center in New York, dem bedeutendsten und bekannten Kulturzentrum der Stadt, welches unter anderem die Juilliard School sowie das von Wynton Marsalis kuratierte „Jazz at Lincoln“ im Rose Theatre beherbergt.
Aber wie wurden JRBB für Eupen entdeckt? Festivalprogrammmacher Marc Cuertz: „Ich bin über Youtube auf die Band gestoßen. Wir haben dann etwas recherchiert und uns im Programmteam einstimmig für die Band entschieden. Wir sind überzeugt, dass JRBB ein idealer Abschluss am ersten Abend für den „Eupen Musik Marathon“ ist, da sie durch ihre tolle Live-Performance und ihrer diversen Einflüsse ein breites Publikum ansprechen.“
Es wäre aber falsch, anzunehmen, dass die zwanzigköpfige Bigband jetzt akustischen, bläsergetriebenen Techno spielt. In ihrem Programm findet Jazz in den solistischen Ausflügen einzelner Mitglieder sein natürliches Wirkungsfeld und ein Track wie „I wanna be a Banana“ vom neuen Album „Dancing Wittgenstein“ tummelt sich lebhaft in den klassischen Soundgefilden eines James Brown. Gemischt mit Hip Hop, House und Soul und auch den Grundlagen von Star Trek-Melodien und den Werken Anton Bruckner – alles integriert sich wie selbstverständlich in den voluminös-vielschichtigen Sound. Ein definitives Highlight beim diesjährigen „Musik Marathon“!
Sprachrohr Afrikas
Ein ganz besonderer Reggae-Musiker wie Tiken Jah Fahkoly ist dann der Schlussact am Sonntag auf der großen Bühne im KBC-Park. Fakoly, geboren in der afrikanischen Elfenbeinküste ist ein politischer Künstler. In seiner Heimat prangert er Korruption und leere Versprechungen der Machthaber an. Reggae handelt für ihn von Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Rassismus. Für die afrikanische Jugend ist er gleichermaßen Sprachrohr und Galionsfigur („Quitte Le Pouvoir“).
Seit seinen ersten Auftritten 1998 in Europa nimmt seine Popularität deutlich zu – unter anderem nimmt er im legendären Tuff Gong Studio in Jamaica mit U-Roy und Sly & Robbie sein nächstes Album auf. Politisch geiselt er die Afrika-Politik der französischen Regierung, glaubt an ein gemeinsames afrikanisches „Nein“ zur westlichen Welt und musste 2003 ins Exil nach Mali fliehen.
„Reggae ist wie der Herzschlag, man spürt ihn, ohne ihn verstehen zu müssen. Diese Musik wurde von Leuten ins Leben gerufen, die wie Bob Marley in den Ghettos geboren wurden, die dort aufgewachsen sind, die dort diese Musik gemacht haben und die beschlossen haben, durch ihre Musik das Leiden der Leute aus den Ghettos auszudrücken. Wenn jemand Reggae singt, kommt es aus dem Herzen – eine ernste Angelegenheit.“ (laut.de) Fahkoly ist glaubhaft, in dem was er sagt.
Drei bis vier Dutzend weiterer Künstler, Bands, DJs und Orchester zwischen Rock, Pop, Electro, Jazz, Blues, Klassik und Weltmusik sind in Eupen zu sehen und zu hören. Ein engagiertes Kinderprogramm, ein großes Aufgebot an Speisen – der Grad der Entdeckungen ist hoch beim auf sieben Open Air-Bühnen und in Kirchen angebotenen Programm. Marc Cuertz: „Wir möchten uns als Entdecker-Festival positionieren. Das war aber eigentlich auch immer schon so. Nur früher, zu Zeiten als es noch die große Mainstage auf dem Werthplatz gab, überlagerten die Headliner meist das ebenfalls schon interessante Programm auf den Nebenbühnen. Aber auch damals schon gab es dort eine Menge zu entdecken. Bestes Beispiel ist Parov Stelar, die 2010 bei uns im Stadtpark spielten! Heute sind sie Headliner bei „Pukkelpop“ und ähnlichen Festivals!“ \
18.+19.5.
„Eupen Musik Marathon“
diverse Zeiten, Eupen
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