Von Olaf Neumann
Nach dem Nummer-1-Album „Anarchie und Alltag“ der politischen Hip Hop-Crew der Stunde, ist voriges Jahr Danger Dans Soloalbum „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ erschienen, an dem auch seine Bandkollegen Koljah und Panik Panzer beteiligt sind.
Die Antilopen Gang hat ihre Platten zum Teil gratis ins Netz gestellt. Wieso?
Niemand wollte unsere Platten rausbringen. Es war in einer Zeit, in der keiner mehr Tonträger gekauft hat. Aber die Maschinerie der Musikindustrie scheint unkaputtbar und findet immer einen bösartigen Weg, alles verwertbar zu machen. Wir haben uns damals dagegen gewehrt, indem wir unsere Musik einfach verschenkt haben. Hätte die Industrie geahnt, dass man mit uns Geld machen kann, hätte sie uns bestimmt allen Verträge gegeben … Wir haben uns eine eigene Maschine gebaut, die irgendwann so groß und umfangreich wurde, dass wir sie ohne professionelle Hilfe gar nicht mehr am Laufen hätten halten können. Ende 2013 saßen wir nächtelang in Koljahs Wohnung neben ganz vielen Paletten mit T-Shirts und CDs und haben diese in Briefe gepackt. Am Ende hat JKP (das Management der Toten Hosen, Anmerkung der Redaktion) uns den Arsch gerettet, weil wir gar nicht wussten, dass wir eine Firma sind.
Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich regelmäßig konfrontiert?
Es gibt Leute, die erkennen mich in der Öffentlichkeit und fotografieren mich einfach. In solchen Momenten hat das Musikerdasein Einfluss auf mein Privatleben. Und zwar nicht nur schönen. Ich würde manchmal gern in der anonymen Masse untergehen, deswegen lebe ich auch in einer Großstadt. Auf einer Tour stehst du immer im Spotlight und wirst wochenlang beklatscht, aber danach bist du ein ganz normaler Mensch, der seinen Haushalt führen muss. Morgens um sieben fange ich an, mit einem ganz kleinen Kind Bauklötze gegeneinander zu hauen. In beiden Momenten bin ich ich selber, aber der Spagat ist unglaublich groß. Nach einem Konzert gehe ich frühestens um vier Uhr pennen, aber spätestens um sieben werde ich wach, weil ich Familienvater bin.
Die Echo-Verleihung hat aufgezeigt, wie gut man mit antisemitischen Sprüchen in Deutschland polarisieren kann. Ist Rap mitverantwortlich für den Antisemitismus in der Gesellschaft?
Nein. Der ständige Blick auf den bösen Rap als Verursacher von Antisemitismus hat rassistische Obertöne. Tatsächlich glaube ich, dass das, was gesamtgesellschaftlich stattfindet, an der Hip-Hop-Szene nicht vorbei kommt und sich dort konzentriert. Ich will Farid Bang (er rappte gemeinsam mit Kollegah die Zeile „„Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“) nicht in Schutz nehmen, aber wieso gucken die Leute nur in diese Richtung? Ich glaube, das halluzinierte Bild von den bösen antisemitischen Migranten hat so starke rassistische Obertöne, dass ich in diesen Schimpfchor gar nicht einsteigen möchte.
Wie sollte man die Antisemitismusdebatte führen?
Man müsste anerkennen, dass Antisemitismus ein Problem ist, das in Deutschland überall stattfindet. Viele AfD-Freaks glauben, Antisemitismus sei ein Importgut. Das stimmt so nicht. Wenn die Deutschen etwas nicht importieren müssen, dann Antisemitismus. Den gab es auch schon vor der Zuwanderung. Ich glaube, die Formen des Antisemitismus verändern sich gerade.
Wie fühlt es sich an, Teil der deutschen Rap-Szene zu sein?
Man kann nicht von einer Szene sprechen. Bei einem Konzert der Antilopen Gang gibt es im Pubikum kaum Überschneidungen mit Fans von zum Beispiel Kollegah. Aber bei uns sieht man viele T-Shirts von Feine Sahne Fischfilet, einer Band, die mit Rap nichts zu tun hat. Dieser Szene fühle ich mich viel mehr zugehörig als der Hip Hop-Szene.
Wie kamen Sie zu Ihrem Bühnennamen? Galten Sie in der Szene als gefährlich?
Das ist ein Manko. Ich habe diesen Namen ungefähr mit 14 bekommen. Da war etwas Englisches einfach cool. Und dazu eine Alliteration. 20 Jahre später ist mir dieser Name teilweise unangenehm. Einmal kam ich in eine Bar, und von der einen Ecke der Theke rief mir ein Freund zu: „Hey, Danger!“ Da zuckten alle anderen Gäste zusammen, weil jemand „Danger“ rief. Aber da kam keine Gefahr durch die Tür, sondern ich. Ich glaube, gefährlich ist man erst ab fünf Tattoos. Ich habe zwei. \
Danger Dan …
… war in seiner Schulzeit stellvertretender Schulsprecher, ist nach dem Halbjahreszeugnis der elften Klasse aber abgegangen und hat sich in den Niederlanden für Musiktherapie eingeschrieben.
Auf dem „Kimiko – Isle of Campus“ 2018 war Danger Dan bereits mit einem kurzen Feature-Auftritt beim Gig von Sookie mit dabei. \
23.8.
Antilopen Gang – „Kimiko – Isle of Art“
20 Uhr, Ludwig Forum für Internationale Kunst
kimiko-festival.de
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