Wut wird gemeinhin als eine heftige Emotion beziehungsweise impulsiv-aggressive Reaktion auf eine als unangenehm oder ungerecht empfundene Situation definiert. Die Fotografin Rosa Engel hat für ihr Ausstellungs- und Buchprojekt „Die Wut ist weiblich“ wütende Frauen porträtiert – Frauen, die schreien, sich die Haare raufen, die Fäuste ballen und ihre Zähne zeigen. Diese Porträts sind kraftvoll, energetisch und befreiend – und absolut authentisch. Im Sommer 2020 entstand aus ihrer persönlichen Lebensgeschichte heraus die Idee, die Emotion Wut bei Frauen zu erkunden und sie sichtbar zu machen.
Denn im Gegensatz zu Männern gilt Wut bei Frauen oft nicht als dynamische Energie, sondern wird vielen Mädchen bereits in der Kindheit „aberzogen“. Wütende Frauen werden als in einer Welt der Äußerlichkeiten, in der weibliche Schönheit, Sanftheit und Angepasstheit als normativ gelten, als hässlich tituliert und nicht ernst genommen. Den Kommentar „Bist Du jetzt wütend? Das ist ja süß.“ haben sicher schon viele Frauen gehört. Und wo ist das männliche Äquivalent zur vermeintlichen „Dramaqueen“, gibt es auch einen „Dramaking“?
Für Rosa Engel bedeutet Wut zu fühlen aber nicht, die Wut durch Aggression auszuleben, sondern achtsam mit sich zu sein und für sich selbst einzustehen.
Die Wut solle neutral betrachtet werden, wie alle anderen Gefühle auch, denn Wut zeige an, dass die Situation nicht okay sei, dass hier ein Unrecht geschehe und die Situation verändert werden müsse. Das Thema trifft den Nerv der Zeit, Feminismus ist wieder ein Thema und klassische Rollenbilder werden hinterfragt. „Unsere Wut ist kein Monster. Unsere Wut ist ein treuer Wachhund. Zuverlässig bellt sie, wenn jemand unsere Grenzen missachtet oder uns ein Leid zufügt. Sie will uns beschützen“, so Rosa Engel in ihrem Buch. Ihre starken Fotos von ebenso starken, wütenden, mutigen und lauten Frauen werden von Texten ergänzt, in denen Frauen, die in ihrem Beruf als psychologische Beraterin, Elternberaterin mit Schwerpunkt Wut und Gründerin einer Anlaufstelle für Menschen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen oder bedroht sind, immer wieder mit den Folgen unterdrückter weiblicher Wut zu tun haben. Für die in Würselen lebende Fotografin, die sich vor allem mit sensiblen Hochzeits- und Porträtfotos einen Namen gemacht hat, sollte weibliche Wut endlich vom Stigma der Hässlichkeit – und Scham – befreit werden. In einer als Wanderausstellung konzipierten Schau werden 28 großformatige Porträts von Frauen vorgestellt, die der weiblichen Wut ein Gesicht geben. Absolut sehenswert! \ Belinda Petri Eröffnung: 14.11. 2022, 17 Uhr durch Dr. Tim Grüttemeier „Die Wut ist weiblich“ Haus der Städteregion www.rosaengel.de www.wutistweiblich.rosaengel.de
Rosa Engel - Die Wut ist weiblich
Rosa Engel
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